Tafel
KELTISCH.
MANUSKRIPT-MALEREI.
Unter der keltischen Bevölkerung Irlands hat sich schon sehr frühe eine eigentümliche Orna-
mentik gebildet. die jedenfalls in ihren Anfängen weit in die Tage zurückgeht, da das Heidentum noch
auf jener Insel herrschte. Aus dieser Zeit mögen einzelne der alten Steinsärge stammen, welche dieselben
Verzierungen aufweisen, welche wir vom 6. Jahrhundert an in den Manuskripten keltischer Mönche finden.
Durchaus nicht beeinflusst von byzantinischer oder überhaupt süd- oder osteuropäischer Kunst, trägt diese
Ornamentik ein selbständiges Gepräge: denn die Spuren, die man von ihr auch in Skandinavien angetroffen,
sind sicherlich auf Irland zurückzuführen.
In den ältesten keltischen oder irischen Handschriften wurden zunächst die grofsen Anfangsbuch-
staben (lnitialen) ausgezeichnet durch ein sie umgebendes, aus roten Punkten gebildetes Netzwerk (vergl.
Fig. I unten). Aber bald schritt man weiter zu dem eigentlichen Bandflechtwerk, in dessen Anwendung
die Künstler eine in Staunen setzende Kunstfertigkeit und Mannigfaltigkeit verraten (Fig. I, 3, 9). Aehnliche
Bandflechtwerke finden wir in der Renaissancezeit wieder, vielfach als Dekoration verwendet. Zu den
keltischen Geflechten, welche entweder die Flächen der Buchstaben ausfüllten oder die einzelnen Seiten
einrahmten, benutzte man auch schon frühe die Glieder oder Leiber von Schlangen, Vögeln, Hunden und
phantastischen Tieren (Fig. I, 5, 9). Auch die menschliche Gestalt findet Verwendung; dagegen fehlt das
vegetative Ornament vollständig. Dieses kommt erst in Aufnahme vom 9. Jahrhundert an, und nach
schwachen Anfängen (vergl. Fig. 8) verbreitet es sich unter dem Einflufs des Romanismus mehr und mehr
neben
dem Bandornament.
Die Zahl der Farben
anfangs
noch
klein,
namentlich
kommt
Gold
erst
späterer
Zeit
VOf.
Jahrhundert.
Entnommen aus:
"Humphreys and O. Jones, the illuminated books of the middle ages."
"WVyatt, the nrt of illuminating as practised in Europe fmm the earliest
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