Volltext: Anatomie von Hirsch, Reh und Ziege (Bd. 4)

langsamer; jedenfalls läßt sich aus dem Geweih (der Zahl der Enden) das 
Alter desT-Hirsches nicht mit Sicherheit erkennen. Das anfangs helle Ge- 
weih färbt sich allmählich dunkler, nur die Spitzen der Sprossen pflegen 
durch das Anschlagen an Zweige usw. heller, oft fast weiß zu werden. 
1m allgemeinen kommt ein Geweih nur den männlichen Individuen der 
Hirscharten zu. Nur ausnahmsweise findet man auch beim weiblichen 
Hirsch, namentlich älteren und nicht mehr fortpflanzungsfähigen Tieren, 
ein Geweih, das aber klein bleibt und scheinbar oft nicht gefegt ist. 
Andrerseits fehlt ausnahmsweise dem männlichen Hirsch das Geweih 
(Plattkopf oder Mönch). Mit beginnendem höheren Alter und dem damit 
verbundenen Nachlassen der Kräfte und der Leistungsfähigkeit des Körpers 
tritt auch ein Zurückgehen der Geweihbildung ein, der Hirsch setzt zu- 
rück, d. h. die Zahl der Enden seines Geweihes vermindert sich. 
Beim männlichen Reh (Bock oder Rehbock) bezeichnet man das Geweih 
als Gehörn. Es besteht in der Regel am Ende des 1. Lebensjahres aus 
dem Spieß, der schon eine schwache Rose und Perlen erkennen läßt. Die 
Spieße werden im Frühjahre des 2. Kalenderjahres, wenn also ihr Träger 
etwa 1 Jahr alt ist, abgeworfen. Dann bildet sich ein neues Gehörn von 
verschiedener Form, so daß mit llfs Jahren das Gehörn in der Regel ein- 
fach gegabelt ist (Gabelbock), aber auch schon doppelt gegabelt, also ein 
Sechsergehörn (Sechserbock) sein kann, was in der Regel aber erst mit 
21h Jahren der Fall ist. Gewöhnlich setzt die Hauptstange nur 2 Sprossen 
an, allein die Entwicklung, die das Rehgehörn erreichen kann, ist damit 
1 noch nicht beendet. Mehr als 6 regelmäßige Enden piiegen jedoch unsere 
Böcke in der Regel nicht zu bekommen; nur ausnahmsweise entsteht ein 
Achter- oder Zehnergehörn, die dann oft unregelmäßige Sprossen zeigen. 
Das Rehgehörn ist mittellang, steht weit auseinander und zeichnet sich 
durch verhältnismäßig starke, mit weit hervortretenden Perlen besetzte 
Stangen aus.  
In Fig. 9 ist vom Geweih nur der basale Teil mit einem seitlich ab- 
stehenden Fortsatz ("Augensproß") gezeichnet; der übrige Teil 
des Geweihes ist nicht gezeichnet. Gegen den Rosenstock 
springt das Geweih ziemlich deutlich vor („Rose") (s. S. 15). 
15 ' (Fig. 11) Hornfortsatz der Ziege. Der Hornfortsatz bildet die 
Grundlage für das Horn. 
Das Horn ist hohl und besteht aus Hornsubstanz und nicht aus Knochen wie das 
solide Geweih des Hirsches und das solide Gehörn des Rehbockes. Es sitzt 
auf einem vom Stirnbein ausgehenden Knochenfortsatze, dem Horn- 
fortsatz, und umkleidet ihn mit seinem basalen Teile. Der Horn- 
fortsatz bleibt während des ganzen Lebens erhalten, wird also nicht ab- 
geworfen. Er ist von der äußeren Haut überzogen, deren ob erfläch- 
lichste Schicht, die Epidermis (Oberhaut), sich jedoch zum Horn 
ausgebildet hat. Somit befindet sich zwischen dem Horn (Hohlhorn) 
und dem Hornfortsatze die weiche Haut, die H o rn l e d e rh aut. Das Horn 
der Wiederkauer besteht mithin aus 3 Teilen: aus l) dem aus Knochen 
"bestehenden Hornfortsatz in der Achse, 2) der Hornlederhaut und 3) dem 
eigentlichen Horn. Keiner dieser Teile wird gewechselt. Am Horn und 
insbesondere an seinem basalen Teile finden sich oft mehr oder weniger 
regelmäßige Ringe, die auf verschiedene Ernährung der Tiere zurück- 
zuführen sind, so daß in Zeiten schlechter Ernährung weniger Horn ge- 
bildet wird und diese Partie später als Furche erscheint, während hin- 
gegen in Zeiten guter Ernährung mehr Horn gebildet wird und dieses 
dann eine ringförmige Verdickung hervorruft. Bei weiblichen Tieren 
wächst das Horn während der Schwangerschaft weniger als zwischen den 
Schwangerschaftsperioden; dadurch wird ebenfalls eine Ringbildung an 
den Hörnern hervorgerufen, an der man ungefähr die Zahl der voran- 
gegangenen Schwangerschaften und damit das mutmaßliche Alter der 
Tiere erkennen kann. Auf die Größe, Gestalt und Richtung der Hörner 
sind im übrigen die Rasse und das Geschlecht der Tiere von Einfiuß. 
Weibliche Tiere haben in der Regel kleinere Hörner oder auch gar keine; 
in selteneren Fällen fehlen sie auch männlichen Tieren (ungehörnte Rassen). 
Es geht in neuerer Zeit das Bestreben der Züchter immer mehr dahin, 
möglichst auf Hornlosigkeit zu züchten. Der Hornfortsatz erscheint bei 
ungehörnten Tieren in der Regel nur als eine beulenartige Knochenauf- 
 treibung. Die diese Knochenauftreibung überziehende Haut ist in der 
Regel weniger behaart als die Haut der Umgebung; nicht selten ist sie 
sogar ganz unbehaart. Im allgemeinen hat die Ziege lange, abgeplattete, 
aufrechte, schwach nach hinten und etwas nach außen gerichtete, ge- 
bogene Hörner mit einem scharfen vorderen und einem abgerundeten hin- 
teren Rande. 
16 (Fig. 8, 9, 10 u. 11) Schläfenbein (Os temporale). 
17 (Fig. 8, 10 u. 11) Äußerer Gehörgang (Meatus acusticus ex- 
ternus). 
18 (Fig. 8, 10 u. 11) Kiefergelenk. Es wird vom Jochfortsatze des 
Schläfenbeins und dem Gelenkfortsatze des Unterkieferbeins 
gebildet. 
19 (Fig. 8, 9, 10 u. 11) Augenhöhle. Sie ist für die Aufnahme des 
Augapfels und seiner Anhangsteile bestimmt. 
20 (Fig. 8, 10 u. 11) Jochbein (Os zygomaticum). Es beteiligt sich 
an der Bildung der Augenhöhle (19) und des Joch- 
bogens  
21, 21', 21" (Fig. 8, 10 u. 11) Träncnbein (Os lacrimale). Beim 
Hirsch ist das Tränenbein stark vertieft, so daß eine knö'- 
cherne Tranengrube entsteht (21' in Fig. S u. 9). Der 
oberhalb der knöchernen Träinengrube gelegene Teil des 
Tränenbeins ist durchbrochen bzw. unregelmäßig zerklüftet. 
Die Öffnungen führen direkt in die Nasenhöhle (s. Fig. 9). In 
der knöchernen Tränengrube liegt die häutige Tränen- 
grube (21" in Fig. 27); sie beündet sich mithin vor dem 
inneren Augenwinkel und stellt eine sehr tiefe, sackförmige 
Einstülpung der äußeren Haut dar, deren Langsachse schräg 
nach vorn und unten gerichtet ist. Die Grube ist bei großen 
Hirschen etwa 3 cm lang und 2 cm tief und 1-1112 cm breit, 
kann aber auch noch bedeutend größer werden (z. B. beim 
Mähnenhirsch). Die Ränder der Träinengrube liegen meist 
nahe beieinander, sie können bei manchen Arten (sehr gut 
z. B. beim Mähnenhirsch) aber auch voneinander entfernt 
werden, so daß die Grube geradezu geöffnet und geschlossen
	        
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