Die Befestigungswerke,
Mauern, Thürme und Thore.
und einer Erdanschüttung auf der Innenseite bestand, und dass erst später, viel-
leicht als man gegen 420 den Angriff der Samniten fürchtete, die innere Stein-
wand hinzugefügt worden sei. Unmöglich ist dies nicht, doch kann es nicht
als ein sicheres Resultat gelten. In den Quadern der Innenwand finden sich
vielfach buchstabenähnliche Steinmetzzeichen eingehauen, welche in vielen
Fällen, aber nicht immer, mit Buchstaben der altitalischen Alphabete überein-
stimmen. Andere, einfachere Zeichen und in viel geringerer Anzahl zeigen
die Steine der Außenwand.
Dem gegenüber bestehen die jüngeren Theile aus opus incertum, kleineren
Bruchsteinen, fast ausschließlich Lava, welche durch Mörtel verbunden sind
und nach außen mit stellenweise noch bemerkbarem Stuck überkleidet waren.
Diese jüngere Bauart findet sich vorwiegend in der Außenwand; ihr gehören
ferner die Thürme an, und an diesen sind besonders ausgedehnte Reste
der Stuckbekleidung erhalten, welche zweifellos dem ersten pompejanischen
WVanddecorationsstil angehört: es ist hier in Weiß die Schichtung von Qua-
dern mit Fugenschnitt nachgeahmt. Der Ursprung dieser jüngeren Theile ist
ein doppelter. Zum Theil sind es offenbar Wiederherstellungen zerstörter oder
verfallener Strecken, zum Theil aber ist die alte Quadermauer absichtlich ein-
gerissen worden, um an den betreffenden Stellen die Thürme einzusetzen.
Wir dürfen also annehmen, dass die ursprüngliche, aus Quadern bestehende
Blauer ohne Thürme war. Es fragt sich nun, aus welcher Zeit diese jüngeren
Theile stammen. Man hat in ihnen die Ausbesserung der durch Sulla gelegten
Breschen erkennen wollen; und es könnte hierfür geltend gemacht werden,
dass sie sich ganz vorzugsweise auf der nördlichen, einem Angriff am leichte-
sten zugänglichen Seite finden. Dagegen spricht jedoch ihre große Ausdeh-
nung: es ist kaum glaublich, dass Sulla einen so bedeutendenJTheil der äußern
Steinwand niedergeworfen haben sollte, ohne doch an irgend einer Stelle bis
an die innere vorzudringen. Es sind hier aber noch andere Umstände zu er-
wägen. Zunächst der Charakter des Mauerwerkes und noch mehr derjenige der
Stuckdecoratiori, welcher entschieden auf vorrömische Zeit weist. Ferner eine
Anzahl merkwürdiger gemalter oskischer Inschriften, auf welche wir noch
zurückkommen müssen, und welche mit Wahrscheinlichkeit auf die sullanische
Belagerung bezogen worden sind, jedenfalls aber eine Erwähnung der Thürme
enthalten. Es ist also durch diese lnschriften mindestens die Existenz der
Thürme, und mit ihnen der jüngeren Mauertheile, in vorrömischer Zeit erwie-
sen: Wollen wir sie dennoch mit den Breschen der sullanischen Belagerung in
Beziehung setzen, so können wir nur an die Zwischenzeit zwischen eben dieser
Belagerung und der Deduction der römischen Colonie denken, an die achtziger
Jahre des letzten Jahrhunderts v. Chr., als Sulla, in Asien mit Mithridates
kämpfend, den Samniten und den mit ihnen verbündeten römischen Demo-
kraten Zeit ließ, sich für neue Kämpfe zu rüsten. Sind aber die Inschriften
mit Recht auf die Belagerung bezogen worden, alsdann waren zur Zeit der-
selben, im Jahr 89 v. Chn, die Thürme und die jüngeren Mauertheile schon
vorhanden. Wir haben dann in den Lücken, welche hier geschlossen wurden,
nicht die Wirkung einer Belagerung, sondern die der langen Friedenszeit vom
hannibalischen bis zum Bundesgenossenkrieg (201_90) zu erkennen. Nichts