Die Alexanderschlacht.
Getümmel verschlingen würde, sind im Bilde vernehmlich, und geben ihm eine
Größe, wodurch das Grausenhafte der Scene gemildert und die fürchterliche
physische Gewalt des Augenblicks wie von einem Genius der Kunst gezügelt
wird. Dem Sieger, der in ruhiger fester Haltung vordringt und nun nahe
daran ist, die Drohung wahr zu machen, die e1' ausgesprochen haben soll, den
Darius in der Schlacht selbst zu tödten, wird durch diese königliche Haltung
und menschliche Größe ein so gutes Gegengewicht gegeben, dass das Mitleid
nicht weniger als die Furcht sich reinigt durch die Kunst, ja dass der Unter-
liegende eigentlich als der Sieger erscheint. Indem die Entscheidung der
Schlacht in ihrem rechten Mittelpunkte klar vor uns liegt und die eingreifen-
den, malerisch so kräftigen Einzelheiten in einfacher, weise gewählter Mannig-
faltigkeit sich vor unseren Blicken ausbreiten, reißt doch die magische Gewalt
des großen und schönen und so würdig und ansprechend ausgeführten Ge-
dankens Sinn und Theilnahme überwiegend zu sich hinß Auf Einzelheiten des
Costüms, auf den Ausdruck und die Porträtahnlichkeit in den Köpfen, welche
unsere kleine Nachbildung nicht wiedergeben kann, und keine der bisherigen
Publicationen genügend wiedergiebt, kann hier nicht eingegangen werden,
nur auf einige meisterhafte Züge in der Composition sei hingewiesen. Welch
ein feiner Tact zeigt sich darin, dass die siegreich andringenden Makedonier
nur ein Drittheil, die fliehenden Perser zwei Drittheile des Bildes einnehmen,
wodurch zugleich die Hauptpersonen in die Mitte gerückt werden. Wenn
der Reiterangriff, der die Schlacht entscheidet, in seiner vollen Wucht und
Gewalt zur Anschauung kommen sollte, so durfte er nicht dadurch geschwächt
werden, dass der Maler die Situationen der Andringenden persönlich ve1'-
schieden motivirte, ein gleichmäßig unwiderstehliches Heranbrausen der
Schaar ist hier das einzige Ausdrucksvolle ; ein solches lasst aber große Mannig-
faltigkeit nicht zu. Deshalb genügt hier der kleine Raum. In den Personen
des geschlagenen Heeres aber mussten die verschiedenen Abstufungen des
Eindrucks gemalt werden, wenn das Bild der Flucht wahr sein sollte; panischer
Schrecken, Entsetzen, Zorn, Theilnahme für den sinkenden Feldherrn, für
den bedrohten König musste in den verschiedenen Individuen dargestellt
werden und ist in ihnen dargestellt. Und dazu musste ein breiteres Feld in
Anspruch genommen werden. Wie vortrefflich ist es gedacht, dass Alexander
den Helm verloren hat, der neben ihm an der Erde liegt. Indem der Künstler
so sich die Gelegenheit verschaffte, das Porträt des großen Eroberers unge-
störter, namentlich sein mähnenartig emporgebäumtes Haar darzustellen, legt
er durch diesen Zug in diese Figur den Ausdruck des Ungestümen, der kaum
durch ein anderes Mittel so gut erreicht werden konnte. Wie wirkungsvoll ist
der Gegensatz des gestürzten Pferdes, welches die Katastrophe herbeifiihrt, und
des zur Flucht des Königs bereitgehaltenen; wie tief durchdacht ist, Dareios,
der sich selbst vergisst, zunächst von solchen Personen umgeben darzustellen,
die voll Aufopferung auch nur an den bedrohten König, nicht an sich denken;
jenem Wagenlenker, der auf seine Weise in seiner Pflichterfüllung aufgeht,
und noch ungleich mehr dem edlen Perser, der, indem er sein Ross dem König
bietet, als ein sicheres Opfer, wie fest und kräftig! vor uns steht. Aber man
wende den Blick Wohin man will, man studire das Gemälde nach allen Seiten