Die Alexanderschlacht.
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selbst Edelstein, sodann auch von gefärbtem Glas. Diese Würfel oder Stifte
werden, wie gesagt, in eine Unterlage von feinem und sehr hart werdendem
Stucco ilngefahr in der Art hart neben einander eingesetzt wie wir die Stiche
in unseren Stickereien, den Stramingrund gänzlich bedeckend, aneinander-
reihen. Wenngleich nun freilich die Mosaikmalerei vor unserer Stickerei den
einen großen V ortheil hat, wirkliche Rundungen dadurch darzustellen, dass
die Stifte durchgeschlagen, abgerundet, verschiedenartig gestaltet werden, so
kann sie doch die unendliche Mühseligkeit der Technik so wenig jemals ganz
verläugnen, wie es ihr möglich ist, die feinen Übergänge und Nüancirungen
der Farbe, ihr Verschmelzen und Abtönen, diese Stärke und diesen höchsten
Vorzug der Malerei zu erreichen oder zu ersetzen. Es giebt kein Mosaik
und kann keines geben, welches nicht einen mehr oder weniger entfernten
Standpunkt des Betrachtenden erforderte, um in voller Schönheit zu wirken;
wogegen freilich wiederum zugestanden werden muss, dass namentlich die
Mosaiken aus farbigem Glas "eine Sattheit und zugleich einen klaren Farben-
glanz besitzen, den nur die Glasmalerei zu übertreffen vermag. Zur Farben-
pracht gesellt sich, um das Mosaik ganz besonders zum Schmuck von Fußböden
zu empfehlen, die Dauerhaftigkeit, indem natürlich die den Glas-, Stein- oder
Thonstiften einhaftende Farbe niemals verwischt und selbst durch häufiges
Begehn der Fußböden nur äußerst langsam abgeschliffen werden kann und
bei neuer Politur stets auf "s neue in alter Pracht hervortritt.
ÄVon den pompejaner Mosaiken ist eine Reihe der bedeutenderen schon
bei Besprechung der Häuser, in denen sie sich fanden, erwähnt, so dass hier
eine nochmalige Aufzählung nur ermüden könnte. Es scheint deshalb ge-
rathen, anstatt eine kleine Reihe flüchtig zu besprechen, unsere ganze Auf-
merksamkeit dem Hauptwerke, der Alexanderschlacht (s. (las beiliegende
farbige Blatt), zuzuwenden. Als das schönste Muster decorativen Mosaiks aus
farbigen Marmorstiickchen darf dasjenige von der Schwelle des Atrium im
Hause des Faun (vgl. S. 349) gelten, welches (jetzt ausgehoben und im Museum
von Neapel zu suchen) an der Stirn dieses Abschnittes (Fig. 315) nach-
gebildet ist.
Von allen die Krone ist aber die Alexanderschlacht, deren Entdeckung
am 24. October 1831 in der Oase del Fauna (S. 352), es ist nicht zu viel gesagt,
eine neue Periode in nserer Erkenntniss der antiken Malerei eröffnet hat.
Schrieb doch Goethe a6": 10. März 1832 an Hrn. Prof. Zahn, der ihm eine farbige
Zeichnung mitgetheilt hatte, unter Anderem: nMit- und Nachwelt werden
nicht hinreichen, solches Wunder der Kunst richtig zu commentiren, und wir
genöthigt sein, nach aufklärender Betrachtung und Untersuchung, immer
wieder zur einfachen, reinen Bewunderung zurückzukehrerm Und dass dieses
Lob nicht zu hoch gestimmt sei, bezeugt die gleichmäßig hohe Bewunderung
aller Kenner, mögen sie Künstler oder Kunstgelehrte sein, die sich darüber
haben vernehmen lassen. Ihrer ist eine große Zahl; Italiener, Franzosen,
Engländer, Schweden, Deutsche haben mit einander gewetteifert, dieses Ge-
mälde zu erklären und zu würdigen, mancherlei Wunderliches und Verfehltes
im Ganzen und im Einzelnen ist über dasselbe geschrieben worden, aber auch
manches Vortreffliche, Tiefeindringende. Die ganze Literatur kann hier nicht