Fünftes Capitel.
sondern zwischen anderen Häusern an den Straßen einer Stadt zu liegen. Und
dies wird noch augenscheinlicher dadurch, dass ein solches Haus in der vierten
Insula der ersten Region ausnahmsweise auch eine Seitenmauer aus Quadern
hat: die Ausnahme erklärt sich einfach daraus, dass das Haus ein Eckhaus,
jene Seitenmauer die Siidmauer der Insula ist, also auch an der Straße lag; es
wird also hier die Existenz der Insula vorausgesetzt. Und eben so setzen die
Reste alter Häuser in der sechsten Insula der siebenten Region Oäenbar die
ziemlich unregelmäßige Form des Westendes der Insula voraus. So dürfen
wir also für sicher halten, dass schon zur Zeit jener alten Kalksteinhäuser der
Grundplan der Stadt wesentlich derselbe war, Welcher uns noch jetzt vorliegt.
Dagegen müssen wir uns ein anderes wichtiges Resultat von Fiorellis
Forschungen aneignen, nämlich seine Eintheilung der Gebäude Pompejis in
drei zeitlich auf einander gefolgte Gruppen, deren charakteristische Eigen-
thümlichkeiten im ersten Capitel des zweiten Theiles dargelegt werden sollen.
Wir können Fiorelli nicht beistimmen, wenn er die Gebäude der ältesten
Gruppe, die eben besprochenen Kalksteinhäuser, für älter hält, als die samni-
tische Eroberung um 420 eher mögen sie bis ins dritte Jahrhundert hinab-
reichen auch nicht, wenn er den dorischen Tempel auf dem Forum trian_
gulare dieser Gruppe zuzählt; er ist vermuthlich alter. Um die Zeit der Stadt-
mauer zu bestimmen, fehlt es an geniigendem Anhalt.
Die Zeit der zweiten Gruppe nennen wir mit Nissen die T uffperiode, und
schreiben mit demselben Gelehrten (pompejan. Studien S. 48) den durch sie
bezeichneten Aufschwung der langen Friedenszeit zwischen dem hannibali-
sehen und dem Bundesgenossenkriege zu. Sie ist zugleich die Zeit des ersten
pompejanischen Decorationsstils. In ihr wurde Pompeji durch eine lebhafte
Bauthätigkeit vollständig umgestaltet: es entstanden die Säulenhallen des
Forums mit den beiden anliegenden Tempeln: dem J uppiter- und Apollo- (s. g.
Venus-) tempel, die Basilika, die größeren Thermen, das größere Theater mit
den beiden großen ihm benachbarten Portiken, die kleinere Porticus, in der
wir eine Palaestra erkennen werden, endlich eine ganze Anzahl großer Privat-
häuser mit Säulenhöfen (Peristylien)
Von der dritten Gruppe, den Bauten der römischen Zeit, sondern sich,
wie wir weiterhin sehen werden, als Unterabtheilung einige der ersten Zeit
der sullanischen Colonie angehörige Bauten ab: das kleinere Theater, das
Amphitheater, der s. g. Aesculaptempel, die kleineren Thermen, der innerg
Theil der Porta marina. An diese Unterabtheilung knüpfen sich die Anfängg
des zweiten Decorationsstils, während der letzte (vierte) hauptsächlich (1911
meistens ziemlich kenntlichen Bauten aus der Zeit nach dem Erdbeben Von
63 n. Chr. angehört 20).
Wir kommen noch einmal auf die schon erwähnte Heerstraße zurück,
welche von Neapel über Herculaneum und Pompeji nach Nuceria, führte_ Da das
Herculaner Thor offenbar mit Rücksicht auf diese Straße angelegt worden ist,
so dürfen wir nicht zweifeln, dass der Durchgangsverkehr ursprünglich von hier
aus den kürzesten Weg zum Stabianer Thor einschlug, indem er durch die Via
conszelezre, den Vicolo delle Terme und weiter entweder durch die Stmda degli
Augustalz" oder über das Forum und die Strada deZP Abbondanza die Stabianer