Quellen und Vorbilder.
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Wahrscheinlich der pompejaner, und zwar nicht zu ihrem V01'theil_ mit
einem Hauptmotiv des Originales eine tief greifende Veränderung vorgenom-
men worden ist.
Vergleichsweise am wahrscheinlichsten darf man zweitens die Composition
der Danaä auf Seriphos (Hlbg. N0. 119-121) auf ein Original des Artemen
zurückführen; aber auch hier zeigt sich in den (lrei bekannten Exemplaren
das freie Schalten der pompejaner Maler oder ihrer unmittelbaren Vorbilder
(s. unten) mit der Überlieferung, indem nur ein Bild (119) der mit dem Knaben
Perseus dasitzenden Danaö zwei Jünglingsgestalten, "Fischer, gegenübersteht,
wie dies im Originale der Fall gewesen sein muss, wwiahrend die beiden anderen
Exemplare die Darstellung auf Danaä beschränken und eines (lerselbcn 1121)
den Perseusknaben als Wickelkind darstellt.
Weiter ist die Zuriickfiihrung der durch Perseus befreiten Andromeda
(Hlbg. N0. 1186-89) und der von Arges bewachten I0 (131-34) auf Originale
des Nikias von Athen versucht worden. Dass dieselbe sehr wohl möglich,
sogar bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich sei, kann man nicht liiugmrn.
aber als beweisbar wird man sie kaum anerkennen dürfen. Jedenfalls, gehn
diese Bilder auf-Originale des Nikias zurück, so stehn namentlich die Maler
der Io-Bilder, wie wir sie in Pompeji finden, ihrem Vorbilde frei gegenüber,
indem sie, wie sich aus einer im Hause des Germanicus auf dem Palatin in
Rom gefundenen, viel vorzüglichern Replik beweisen lässt, sehr zu ihrem
Nachtheile die Composition zusammenzogen und die Figur des zur läefrciung
der Io herankommenden Hermes wegließen, Wodurch das Gemälde so ziemlich
jede dramatische Spannung verliert.
Es sei ferner erwähnt, dass man bei dem Cyklus von Scenen aus der
Ilias im Apollotempel an Originale des Theon von Samos, bei der Enthauptung
der Medusa (Hlbg. N0. 1182) an ein Vorbild des Timomachos, bei dem Achill
auf Skyros (Hlbg. N0. 1296 ff.) an ein solches des Athenion von Maronea, bei
der Hesione (1129) und den Europebildern (124 ff.) an Originale des Antiphilns
von Alexandria, bei den von Satyrn beschlichenen Bakchantinnen (524 if.,
559 ff.) an ein solches des Nikomachos von Theben, bei dem Stieropfer (1-11
an das Vorbild eines Gemäldes des Pausias von Sikyon oder seines Schülers
Aristolaos gedacht, auch in den Darstellungen des Orestes auf Tauris (1333 f.,
Sogl. N0. 583) auf, allerdings nur zum Theil (in der überaus schönen Gruppe
der gefesselten Jünglinge), bewahrte Reminiscenzen wiederum eines berühm-
ten Originales des Timomachos geschlossen hat, ohne dass alle diese Zurück-
führungen, so viel Ansprechendes die meisten derselben haben mögen, für
mehr als mäglich gelten können. Wenn wir daher auch in diesen Fällen den
Grad der Freiheit nicht zu beurteilen vermögen, "mit welchem die pompejaner
Maler ihre Vorbilder behandelten und ihren Zwecken oder auch ihrem Können
nach umgestalteten, so ist endlich noch des Iphigenienopfers Fig. 314 aus der
Casa del poeta tragico zu gedenken, in welches Bild, wie übrigens nicht minder
in die Reliefdarstellung derselben Scene an einem runden Fußgestell in Flo-
renz, ein Motiv, dasjenige des im tiefsten Schmerze verhüllt dastehenden Aga-
memnon aus einem hochberühmten Bilde des Timanthes von Kythnos über-
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