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Drittes Capitel.
Die Malerei.
neten Stellen der Decoration, allermeistens, auf ihren Ursprung deutlich hin-
weisend, in Nillantlschaften und so, dass die Zwerge mit Nilthieren, Krokodilen,
Hippopotamen u. dgl. in komische Berührung gebracht werden. Auf eine
Schilderung dieser Scenen im Allgemeinen kann hier, schon ihres vielfach an-
stößigen Charakters wegen, nicht eingegangen werden: wohl aber muss hier
das in Fig. 306 mitgetheilte, am 21. Juni 1882 ziufgefundenr: Bild besprochen
werden, das seiner Zeit das größte Aufsehn gemacht hat und welches mancher
Leser nicht an dieser Stelle erwarten wird. Denn in der augenscheinlichsteii
Weise stellt dasselbe eine Scene dar, Welche mit dem weltberiilnnten nUrteil
Salomonisc vollkommen übereinstimmt. Auf einem Tribunal sitzt, von zwei
Rathen umgehen, von einer Leibwaehe begleitet, der König. Vor dem Tribu-
nal steht ein Fleischerblock, auf welchem ein nacktes Kind liegt, das ein
Soldat eben mit einem Hackmesser auseinander zu hauen im Begriff ist, wobei
es von einer reich, wenn auch komisch aufgeputzten Frau festgehalten wird,
während eine zweite Frau sich vor dem Könige auf die Knie niedcrgexxiorfen
hat und mit ängstlichen Geberden offenbar um Verschonung des Kindes fleht.
Links steht zuschauendes Volk. Es ist kein Wunder, dass man geglaubt hat,
den Gegenstand dieses Bildes aus der Erzählung im l. Buche der Könige
3, 16 f. ableiten zu miissen. Und dennoch bietet die Annahme, die Bibel sei die
Quelle eines in Pompeji gemalten und vollends eines aus zilexalidrinischer
Überlieferung herstammenden Bildes so außerordentliche Schwierigkeiten,
dennoch will schon der Umstand, dass die handelnden Personen ofienbare Pyg-
maeen, Zwerge mit dicken Köpfen und spindeldiirren Beinchen sind, zu einer
Ableitung des Gegenstandes aus der Bibel dirrchaus nicht stimmen und eben so
wenig der andere, dass neben diesem Bilde in (lGIIISUlDUII Zimmer noch andere
Pygmaeendarstellungen gefunden worden sind. Ein Christ oder ein Jude,
welcher sich eine Darstellung des Urteils SiLlOIXIOIIlS bestellte, hatte doch 11im-
mer dulden können, dass die Personen der heiligen Schriftin dieser scherz-
haften Gestalt und neben anderen gleicher Art dargestellt worden wiirxrn.
Während daher schon mancherlei Zweifel an der biblischen Quelle des Bildes
laut geworden waren, hat Lumbroso vielleicht, walusclieinlich die rich-
tige Lösung des hier scheinbar vorliegenden Rathsels gefunden, indem e1' auf
einen (sagenhaften) ziegyptischen König Bokchoris hingewiesen hat, von dem
als von einem Ausbunde von Weisheit und Gerechtigkeit, ähnlich dem weisen
Salomo, mehre antike Schriftsteller (Diodor, Plutarch u. A.) zu berichten
wissen und von dem uns, wenn auch nicht das hier (largestellte salomonische
Urteil, so doch wenigstens ein solches überliefert ist, welches dem Grund-
charakter der biblischen Erzählung und der pompejamrer Darstellung entspricht.
Sßllte hiermit auch noch nicht das letzte Wort gesprochen sein, so wird man doch
zugeben müssen, dRSS ein, aller Wahrscheinlichkeit nach wie alle Pygmaeen-
darstellungen aus Aegypten stammendes, seinen Gegenstand in's Komische
Ziehelld-CS Bild Viel leichter aus aegyptischen Sagen und Erzählungen als aus
der Bibel herzuleiten ist.
Als eine eigene Abtheilung der Genrebilder kann man endlich die von
Helbig S- 349 5' gesammelten ziemlich häufigen Darstellungen von Theater-
scenen betrachten, die gewiss keiner andern Kategorie von Malerei sich leichter