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Drittes Oapitel.
Die Malerei.
werden, während im Übrigen auf den ganzen oben genannten Abschnitt des
Helbigkchen Buches und seine Ergänzung bei Sogliano N0. 653 ff. verwiesen
werden muss.
Neben diesen realistischen ist eine zweite Art von Genrebilrlern zu nennen,
welche sich in Composition und Ausführung von der erstem stark unter-
scheiden, indem sie, zum Theil selbst auf die Brustbilder der dargestellten
Personen, immer aber auf wenige Figuren beschränkt, (lureh ideale Auffassung,
Reiz und Anmuth der Erscheinung sich auszeichnen und eben so fein und
sorgfältig Wie diejenigen der erstern Classe meistens roh und nachlässig gemalt
sind. Helbig (S. 332 hat sie als whellenistisches Genrea von dem römisch-
campanischen unterschieden und ihrer eine ziemlich bedeutende Zahl (No. 1'109
_1462, dazu Sogliano No. 629-649) zusammengestellt, aus der nur ein paar
Beispiele angeführt werden mögen. So zeigt ein allerliebstes Bildchen (Itllbg.
No. 1425),. welches mehrfach, am besten aber bei 'l'ernite I, 5 abgebildet und
in mehren unter einander verwandten Wiederholungen nachweisbar ist, das
Brustbild einer jungen Dame, welche eine offene Schreibtafel in der linken,
den Griffel in der rechten Hand nachdenklich an die Lippen gelegt hält, als
besinne sie sich und schwanke, ob sie eine zärtliche Botschaft dem ge-
schriebenen Worte anvertrauen solle oder nicht, während eine Zofe ziemlich
schelmiseh hinter der Herrin wartend hervorschaut, aus deren Mienen wir ab-
nehmen können, dass die Schöne sich doch endlich entschließen werde. Nicht
allzu verschieden ist dem Grundgedanken nach der Gegenstand eines ebenfalls
von Ternite I, I mitgetheilten Bildes, welches eine als Muse erklärte, in tiefes
Nachdenken versunken sitzende junge ])ame (larstellt, die in der That nichts
als Muse charakterisirt, die vielmehr alle Zeichen reiner Menschlichkeit trägt
und über eine Herzensangelegenheit nachzusinneen scheint. Ferner gehört in
diese Classe rciner Genrebilder eine kleine Reihe von Bildern, in denen Eros
als handelnde Person auftritt; denn in allen diesen Fällen sind die kleinen
Flügelknaben rein allegorisch zu fassen. S0. wenn in einem Bilde, welches
seines Ortes schon in der Oase di Meleugro erwähnt wurde (Hlbg. No. 1429),
Eros sich vertraulich plaudernd und nachlässig an das Knie einer leicht be-
kleideten und üppigen Schönen lehnt, so, wenn er auf einem andern "desselben
Hauses (Hlbg. No. 1430) der Schönen das geöffnete Schmuckkästchen ent-
gegenhält (vgl. S. 310 n. 312), so endlich, wenn in mehrfach wiederkehrenden
und ebenfalls schon mehrfach eiwvähnteii Bildern Eros mit einem schönen
Mädchen fischt (Illbg. No. 348 ff). llier bedeutet der Eros im ersten Falle
nichts als die Schönheit der Dame, deshalb ist er lässig wie sie, im zweiten
den Liebreiz, der sie schmückt, im dritten die Anmnth, welche die schönen
Miidßllell überall hin begleitet; Aphrodite ist in keinem dieser Fälle in der
Frau zu erkennen. Und das auch die Erotenverkäufe in zwei berühmten
lvandgeinäldell, Vßn denen das eine (Hlbg. N0. 824) aus Stabiae stammt, das
andere (Hlbg- NO- 825) aus der Casa dei capitelli colorati in Fig. 303 aus Zahn
H: 58 Wiederholt ist: in das Gebiet dieser allegorischen Genrebilder gehören,
hat 8011011 0m) Jahn in seinen Archaeol. Beiträgen S. 211_221 ausführlich
und geistreich nachgewiesen und begründet. In dem hier mitgetheilten Bilde
werden einer schönen, erhabenen Frau, die in triibem Nachdenken auf einen