570
Drittes Capitel.
Die Malerei.
den wir dort hergestellt linden, weit vorzüglicher als der meiste moderne. In den
besseren Gebäuden ist die Bedeckung der Sandmörtellagen mit Marmorstucco
vorherrschend und während der moderne Frescobewurf etwa 0,03 M. stark zu
sein pflegt, ist derselbe in Pompeji selbst bei einfacher decorirten Wänden 0,04
-0,05 M., bei den meisten besser bemalten Wänden 0,07 bis 0,08 M. dick,
was nothwendig ein längeres Nassbleiben des alten als des modernen Bewnrfs
zur Folge haben musste, also das Malen a fresco wesentlich erleichterte und
namentlich die Herstellung ungleich größerer Flächen in einem Stücke mög-
lich machte, als sie der modernen Frescotechnik möglich ist.
Dieser Umstand einerseits, eine mangelhafte Kenntniss des Frescover-
fahrens und seiner Ergebnisse andererseits erklärt es, dass von vielen Schrift-
stellern über Pompeji und seine Wandgemälde die Technik der letzteren ver-
kannt und die an ihnen hervortretenden Erscheinungen unrichtig gedeutet
werden. Es lohnt jetzt nicht mehr die Mühe, auf diese Irrtbümer und ihre
Geschichte näher einzugehn, wer sich dafür interessirt, möge auf die 2. Auf-
lage dieses Buches (II, S. 181 ff.) verwiesen werden. Die volle und ganz
unbezweifelbare Wahrheit über die Technik der pompejailer Wandmalereien
hat der Maler Otto Dornier in seiner Einleitung (Die erhaltenen antiken
Wandmalereien in technischer Beziehung) zu IIelbigs Buch über die Wand-
gemälde der vom Vesnv verschütteten Städte Campaniens gelehrt. l)as Er-
gebniss seiner Untersuchungen hat Donner selbst in den folgenden Worten
ausgesprochen :
1. dass wenn auch nicht absolut alle, doch ein großer, ja bei weitem
der größte Theil jener Wandmalereien, und zwar sowohl die
farbigen Gründe als auch die auf denselben und auf weißen Grün-
den stehenden Ornamente, Einzelfiguren und abgegrenzten Bil-
der afresco gemalt sind;
2. dass diese 'l'echnik die weitaus vorherrschende ist, die Leim-
farben- und 'l'emperamalerei datgegen eine sehr untergeordnete
Stelle einnimmt und sich mehr ausbülfsweise als selbständig ange-
wendet findet;
3. dass enkaustische Malereien absolut nicht vorkommen.
Dies Ergebniss muss hier genügen. Es ist freilich, zumal für denjenigen
welcher sich an Ort und Stelle befindet und sich von Allem durch den Augen-
schein überzeugen kann , von sehr hohem Interesse , das Verfahren der
Pümpfrjaner Maler im Einzelnen zu verfolgen und eine Menge technischer
Feinheiten und Kunstgrilfe derselben kennen zu lernen, hier aber muss von
allen diesen Einzelheiten mit Verweisung auf die Donnersche Schrift zibgcsehn
werden. Denn da alles Richtige und Beste, welches wir über die pompejaner
FreSßütechnik wissen, auf den Untersuchungen und den überaus feinen Wahr-
nehmungen Donners beruht und Alles von ihm in lichtvoller und umfassender
lveisß mitgethßilt worden ist, so würde hier nur das von ihm Gesagte wieder-
holt werden können, wovon selbstverständlich keine Rede sein kann. Nur die
eine Bemerkung möge hier einen Platz finden, dass während die ganz über-
wiegende MaSSe der pompejaner Bilder jeden Schlages unmittelbar auf die
frische Tünche der Wand gemalt sind, sich einige wenige Beispiele nachweisen