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Zweites Capitel.
Die Plastik.
Farbe, welche auf die glatte Fläche des Marmors nur enkaustisch aufgetragen
sein kann, haftet nicht eben fest. Gefunden wurde diese jetzt im Museum zu
Neapel in (lem Zimmer der Venusbilder zu suchende Gruppe in einer voll-
kommen erhaltenen Nische im Peristyl des genannten Hauses, welche außen
mit Marmor bekleidet, innen mit einer lebhaft blauen Draperie ausgemalt ist.
An der Venus sind der Kopf und die Hände der Marmorersparung wegen aus
besonderen Stücken Marmors gearbeitet und dem Körper in recht plumper
Weise angefügt; doch gehören sie nicht, wie ich früher (3. Aufl.) geglaubt
habe, einer antiken Restauration an.
Nächst dieser Gruppe dürfte eine Venus genannt werden, welche nach
den Ausgrabungsberichten (s. Pomp. ant. hist. I, 1, p. l65) am 16. Februar
1765 im Isistempel gefunden wurde, jetzt aber nicht mehr nachweisbar ist
Sie soll nach der genannten Quelle die Göttin darstellen oder dargestellt
haben: oberwarts nackt, wie aus dem Bade gekommen, und die nassen
Haare ausdrückend, welche als gelb gefärbt bezeichnet werden, während
sie ein v e rgol d e te s II al sb an d getragen haben soll und gleicherweise ihre
Brustwarzen und, seltsamer Weise der obere Theil ihres Bauches
vergoldet gewesen wäre, das Gewand dagegen , welches sie von den
Hüften abwärts umhüllt, lebhaft himmelblau (turchino) gefärbt. Auf eine
archaistische Artemisstatrle mit gelbem Haar und bemalten Gewandsäilmen
(unten Fig. 281) soll weiterhin zurückgekommen werden. Das Isisbild aus dem
Hofe des Isistempels (unten Fig. 280 a, vgl. oben S. 106) hat vergoldete Haare
und ein theils lebhaft rothes, theils vergoldetes Obergewand, goldene Armban-
der und in der gesenkten Linken einen goldenen s. g. Nilschlüssel, sowie braun-
roth bemalte Augensterne (s. Niceolini, Le case ecc. di Pompei, Tempio d'Iside
tav. 6). Von der Statue der Coneordia Augusta mit farbigem und vergoldetem
Gewand aus dem Gebäude der Eumachia ist S. 124 berichtet werden : die im
Fortunatempel gefundene weibliche Statue (S. 115) hat einen goldenen Saum
der Tunica und einen rothen der Palla (s. Niccolini a. a. O. T empio della Fortuna
tav. 2), die männliche (S. l 16) zeigt purpurne Gewandung, gelbes Haar, dunkele
Augen und rothe Lippen (Niccolini a. a. O.) und ähnlich, mit rothgefarbtem
lIaar, purpumer Toga und schwarzer Fußbekleidung erscheint die 1853 ge-
fundene Statue des M. Holconius Rufus Aber bei keiner dieser Statuen
und eben so wenig bei einer Anzahl anderer Statuen mit sicheren, aber weniger
gut erhaltenen Farben lässt sich am Nackten irgendwelche Farbspur nach-
weisen. Ist nun auch die Thatsache, dass man im Alterthum überhaupt die
Marmorstatuen in ziemlich hohem Grade bemalte, bekannt und nicht mehr zu
bestreiten, kann also das Vorkommen bemalter Statuen in Pompeji durchaus
nicht als etwas Eigenthümliches gelten, so gehören die pompejaner Exemplare
doch immerhin zu denen, bei welchen die Farben am sichersten und reich-
lichsten vorhanden sind, und sie sind deshalb nicht uninteressant. 111 weit
höherem Grade würden sie dies sein, wenn es erlaubt wäre, aus der Art und
dem Grade ihrer Bemalung und Vergoldung für das ganze Alterthum giltige
Schlüsse abzuleiten. was aber, gegenüber der Thatsache wechselnder Sitte in
verschiedenen Zeitaltern bestritten werden muss.
Auch von technischen Besonderheiten in der läehaildlung der Bronze ist