Volltext: Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken

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Zweites Capitel. 
Die Plastik. 
als man gewöhnlich weiß und glaubt. Und so hat sich denn für die Beurteilung 
der Antike ein gewisser Durchschnittsmaßstalw ausgebildet, mit dem wir wenn 
auch nicht grade unterscheidungslos messen, aber doch sehr vielen Werken 
schwerlich ganz gerecht werden. Hier wird nun durch die POIIIPBjRIIiSChGII 
und herculanischen Monumente wenigstens manches berichtigt. Freilich sind 
auch sie jetzt mit wenigen Ausnahmen von ihren ursprünglichen Aufstellungs- 
und Fundorten entfernt und in das Museum von Neapel zusammengetragen, 
ein unvermeidlicher Übelstaml, dem man je eher je lieber durch Rückver- 
setzung von Abgiissen an Ort und Stelle begegnen sollte; allein auch bevor 
dies geschehn sein wird, kann man diese Rückversetzung wenigstens im Geiste 
bewirken, da die meisten Fundstätten bekannt sind; und fast in jedem Falle 
ist es möglich, unter den Sculpturen aus Pompeji Tempel- und (Jultusbilder, 
Weihestatuen (Anathemata), Bilder des häuslichen Cultus, öffentliche Ehren- 
standbilder, Grabstatuen, lärunnenfiguren und sonstige Decorationsarbeiten 
sicher nachzuweisen und demgemäß an ihre Beurteilung eigenartigere Maß- 
stäbe anzulegen, als an die große Masse der Antiken, denen die Analogie 
des hier Urewonnenen ebenfalls, in gewissen Grenzen wenigstens, zu gute 
kommt.  
Wer diese Gesichtspunkte bei der Durchmusterung der pompejaner Sculp- 
turen festhält, dem werden diese ohne Zweifel ein mannigfaltiges Interesse 
erwecken, welches in der künstlerischen Freude an dem wahrhaft Schönen 
und Gediegenen, das uns besonders unter den Bronzewerken begegnet, seinen 
natürlichen Gipfel findet. 
Beginnen wir mit einigen technischen Erörterungen im weitern Sinne 
dieses WVortes, d. h. mit solchen, die sich auf das Material, die technische Be- 
handlung und die Kunstformen der pompejaner Sculpturwerke beziehn, so 
finden wir von Materialien am häufigsten Weißen Marmor, griechischen und 
italischen, aber keinen farbigen, sodann Bronze verwendet, Verhältniss- 
mäßig seltener Thon, wenngleich, auch abgesehn von kleinen Statuetten, die 
Anzahl der größeren Thonstatuen und Statuetten etwas bedeutender ist, als 
man vor v. Rohdens Arbeit über die Terracotten von Pompeji allgemein ge- 
wusst oder beachtet hatte, wie die Übersicht a. a. O. S. 18 beweist. Auf ein- 
zelne derselben soll im Verlaufe der folgenden Darstellung zurückgekommen 
werden. Auch die kleinen Statuetten von T erracotta, welche in Griechenland 
eine ganze Kunstwelt für sich ausmachen und vielfache Verwendung hatten, 
sind in Pompeji verhaltnissmiißig weilig zahlreich. Die Bliithezeit der Terra- 
cottafabrication war voriiber, der Geschmack an Tlionfiguren geschwunden, 
wenngleich er sich grade in (lampanien länger gehalten zu haben scheint, als 
an anderen Orten. Die Römer machten dergleichen Sigilla lieber von Bronze 
und zwar entweder als selbständige kleine Kunstwerke oder in mehr oder 
weniger enger Verbindung mit Gerathen und Gefäßen, von denen auch die 
meisten in Pompeji gefundenen stammen. Grade die pompejaner Funde be- 
stätigen nicht am wenigsten, dass die Thoniiguren in der nachaugilsteischen 
Zeit auf die unteren Volksclasseil beschränkt gewesen sind, deren Geschmack 
die zahlreichen Männer und Frauen in römischer 'l'racht, die Gladiatoren und 
Krieger und manche sonstige genrehafte Darstellung wie Sänftentrager, Pack-
	        
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