Reichthum an plastischen Kunstwerken.
Aufstellung derselben.
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Werken z. B. die Akropolis von Athen, was die Altis von Olympia, der
delphistzhe Tempelbezirk, um nur diese zu nennen, umschloss, sind ihm mehr
oder weniger lebendig ; er weiß auch, wie viel man, um ein anderes Beispiel
anzuführen, in Rom aus den Trümmern der Thermen des Caracalla oder aus
denen des Palastes des Hadrian in Tivoli gezogen hat. Allein dem Nicht-
archaeologen diese Bilder, zu denen ihm die Analogien fehlen, klar und an-
Schaulich zu machen, wird nicht in allen Fallen leicht gelingen. Auch hier,
Wie auf anderen Punkten, bietet nun Pompeji, so weit sein Besitz plastischer
Werke hinter dem mancher andern Stadt gleichen Umfangs zurückstehn mag,
eine erwünschte V errnittelung bestimmter Anschauungen. Sehreitet der Kunst-
freund durch die Ruinen der pompejanischen Tempel und Capellen und man
kann ihm sagen, dass in den Cellen, dem Pronaos, den seitlichen Nischen,
(19111 Peribolos außer den geweihten Cultusbildern noch so und so viele Weihe-
und Ehrenbildsaulen standen, sieht er auf dem Forum die Stellen und Posta-
mente, wo, abgesehn von Reiterstartueir, ganze Reihen von Portratstatuen
Verdienter Bürger standen (ihrer vierzehn allein an der westlichen Langseite
deS Forum civilej, folgt er uns durch die Straßen der Stadt, durch die öffent-
lichen Gebäude, durch die Grabmonumente und wir können ihm überall
nachweisen: hier sind so und so viele Nischen und Fußgestelle für Statuen
(ihrer 12-13 allein im Sitzungssaale der Decurionen, s. oben S. 129), oder
er sieht ihrer noch manche, wie im Macellum, im Gebäude der Eumachia, in
der Gräber-Straße im Original oder im Abguss vor sich; betritt er dann ein
Privathaus nach dem andern und es kann ihm, sei es aus noch an Ort und
Stelle Vorhandenem, sei es aus den Fundberichten, nachgewiesen werden, wie
auch hier Hauscapellen, Atrien, Peristyle, Gärten, Brunnennischen u. s. w.
mit Statuen geschmückt und erfüllt waren: so gewinnt er auf einen Schlag
nicht allein eine Übersicht über die Fülle der hier vorhanden gewesenen Sculp-
turwerke, sondern er sieht eben so schnell, wo er diesen Reichthum unterzu-
bringen und einzuordnen hat, und begreift auf einem solchen Rundgange, wie
dieser Reichthum an plastischen Kunstwerken aus dem idealen Lebensbediirf-
nisse der Alten naturgemäß entsprang und wie mit demselben hausgehalten
Wurde. Und das ist kein Geringes.
Wenigstens eben so wichtig aber ist ein Zweites. Unser Urteil über ein
Sßnlpturwverk wird sich nicht unerheblich nach Maßgabe seiner Bestimmung
Zll ändern haben; Anforderungen, welche wir z. B. an ein Tempelbild oder
an ein öffentliches Weihebiltl stellen müssen und dürfen, sind. andere als die,
Welche wir einer, wenn auch mythologischem, also idealem Kreise angehörigen
Pecorationsstatue gegenüber erheben werden; anders wirkt ein Sculpturwerk
111 prächtigen architektonisch umschlossenen Riiulnen, anders in traulicher
häuslicher Umhegung, verschieden auf dem säulenurngebenen Marktplatz und
1m lauschigen WVinkel eines grünenden und blühenden Gartens oder dem
Plätscherndeir Brunnen nachbarlich gesellt. Was hier in einem Falle passt und
glnde das Rechte trifft, das kann im andern Falle sehr unpassend und verkehrt
Selll- In unseren Museen aber stehn die antiken Statuen unterscheidungslos
durch einander, ihre einstmalige Bestimmung und Aufstellung lässt sich in
den Wenigsten Fällen erweisen, und ist sehr oft viel schwieriger festzustellen,