Volltext: Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken

Dritter Abschnitt. 
Die Decoration und Ornamentik. 
In der Spiitzeit kehrte man für die Wasserspeier entweder zu der Form der 
Löwenköpfe zurück, welche aber kleinlich und schlecht modellirt und zwischen 
denen in recht wenig organischer YVeise andere Reliefe angebracht wurden 
(Beispiele a. a. O. Taf. 10 u. 24, 1, letzteres aus dem Isistempel), oder man ge- 
staltete die Speier als, meistens komische, Masken, Welche fabrikmäßig herge- 
stellt wurden und zugleich als Stirnziegeldienen konnten (Beispiele a. a. O. 
T af. l4_16). Eine ungleich bessere Sorte von Stirnziegeln mit (iötterköpfen 
(das. Taf. 11-13) gehört Wahrscheinlich der augusteischen Periode an. 
Von Friesreliefen , Welche aus guter alter Zeit stammen, sind nur einige 
Proben auf uns gekommen, abgeb. a. a. O. Taf. 19-22. Zwei derselben stellen 
auf Seethieren reitende N ereiden dar (Taf. 21 aus der Oase viel Fhvzno),  zwei 
Compositionen, welche in längerer Folge mit einander abgeivechselt zu haben 
SCheinen; ein dritter (Taf. 22) stellte einen Reiterkampf dar, und von einem 
Vlerten ist uns nur ein Stück (Taf. 19, l), eine anmuthige Bakchantin dar- 
stellend, erhalten. Wenn man die pompejanischen architektonischen Orna- 
mentterracotten in ihrer Gesammtheit überblickt, so drängt sich die Bemer- 
kung auf , welche auch von Rohden S. 16 ausspricht , dass sich in der Terra- 
Cottateehnik in verhaltnissmäßig nicht langer Zeit ein starker Wandel voll- 
ZOgen hat, ähnlich demjenigen im Stil der Decoration. Wiirdig und ernst 
beginnend, werden die Ornamente bald bunter, leichter und kleinlicher, und. 
nach dem Erdbeben erfolgt ein, in den letzten Jahrzehnten vor demselben vor- 
bereiteter Niedergang der Kunst, welcher mit der Eile des Wiederaufbaus in 
Qffenbarem Zusammenhange steht. Die Alles iiberwuchernde Tiinche, welche 
alle Mängel zudeckte, machte Geschmack und Sorgfalt der Ausführung 
überflüssig. 
Wenn man schließlich die ganze pompeianische Ornamentik überschaut, 
darf die eine Bemerkung nicht unausgesprochen bleiben, dass sich in ihr 
mit den architektonischen Grundformen in auffallend geringem Maße die 
höhere , namentlich die figiirliche Plastik verbindet. Fiir die jüngere Periode 
erklärt sich dies einfach daraus, dass in ihr der ganze Charakter der Deeora- 
tißll durchaus malerisch ist: aber auch fiir die ältere muss dieselbe Thatsache 
festgestellt werden, welche wohl nur aus der Beschränktheit der Mittel einer 
kleinen Stadt zu erklären ist. Immerhin ist es auffallend, dass in Pompeji, wo 
dOCh S0 Manches in dorischer Ordnung gebaut ist, sich keine einzige mit Relief 
geschmückte Metope findet. Ob dielben bemalt gewesen sind, lässt sich nicht 
mehr nachweisen, auf farbigen Schmuck derselben (roth) können wir nur 
Schließen (s. oben S. 65). Eben so ist nicht die geringste Spur vorhanden, 
dass irgend einer der Giebel der Tempel und öffentlichen Gebäude plastischen 
oder vollends statuarischen Schmuck getragen habe, und nicht minder fehlt der 
Reliefschmuck an Statuenbasen und Altären. den einzigen im Tempel des 
Genius Augusti ausgenommen. Überhaupt ist das Relief in Pompeji selten 
und auch die statuarische Plastik, so vielfach ihre Werke decorativ aufgestellt 
worden sind, erscheint aus der nähern Verbindung mit der Architektur voll- 
kommen gelöy;
	        
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