Zweiter Abschnitt.
Stil und künstlerischer Werth der Bauwerke in Pompeji.
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selbst im Verhältniss zu dem leichten Gebälk mit etwas zu Wenig Ausladung
straff zur dünnen Plinthe aufsteigt, eine Form, welche durch das nicht sehr
widerstandsfähige Material wenn auch nicht bedingt, so doch wohl veranlasst
worden ist. Dem Schein der Leichtigkeit zu Liebe ist der Epistyl(Architrav)-
balken in nicht ganz stilgerechter Weise der Länge nach in zwei gleiche
Hälften zerschnitten, von denen die untere um ein geringes zurückliegt. Die
in gutem Verhältniss ausladende Dachschräge (Geison) ist einfach, aber nicht
makellos profilirt. Die Streben des Daches ruhten auf ihr und in der Hinter-
mauer einfach auf, eine Construction, welcher das Umstiirzen der Säulen beim
Erdbeben wesentlich mit zur Last fällt. Die einzelnen Blöcke des Gebälkes
Waren, wie sich aus der Abbildung Fig. 268 a erkennen lässt, im Innern durch
eine durchgehende hochkantig gestellte hölzerne Bohle unter einander ver-
bunden, wodurch ihre Tragfähigkeit vergrößert wurde.
Über den Dorismus der Palaestra (vgl. die Abbildung zu S. 151) lässt
sich nur unvollständig urteilen, da das Gebälk verloren ist, und die Elemente
nicht bekannt sind, auf denen Mazois" Reconstruction (III, 11) mit zerschnit-
tenem Architrav und ohne Fries beruht. Nur das ist gewiss, dass die Säulen
(von 73,14 u. D.) unverhältnissmäßig schlank und die Intercolumnien (von fast
5 u. D., Säulen 0,40 M., Intercolumnien 2,31 zu weit sind, so dass lange
nicht der harmonische Eindruck entsteht, den die Colonnade des Forum trian-
gulare macht. Die Uapitelle sind auch hier schwächlich, die Plinthen leicht,
aber stark ausladend.
Die an der Südseite erhaltenen Theile der ältern Colonnade des Forum
civile (Fig. 268 b, vgl. Fig. welche nach der bereits lateinisch gefassten
Erbauungsinschrift der Spätzeit der oskischen Periode Pompejis angehört
(Vgl. oben S. 64 erscheinen, so wie sie jetzt zum Theil wieder aufgerichtet
Sind und wie sie Fig. 269 in einer nach photographischer Aufnahme gezeich-
neten Probe darstellt, in den genau 5 untere Durchmesser hohen, 3 u. D. von
einander entfernt stehenden ganz cannellirten Säulen nicht ohne Wurde und
Kraft, aber wiederum mit zu schwächlichen Capitellen ausgestattet und im
Gebälk, auch wenn man dasselbe als Zwischengebälk betrachtet (s. oben S. 65)
dadurch fehlerhaft, dass der Architravbalken fast ganz unterdrückt und ihm
gegenüber Fries und Krönung schwerfällig ist. Über die Construction dieses
Gebalks mit der untergelegten Holzbohle sowie über die wahrscheinliche
Farbenausstattung desselben ist a. a. O. gesprochen worden. Interessant ist
es, mit den ursprünglichen Säulen an der Südseite die der Restauration nach
dem Erdbeben angehörenden an der WVestseite zu vergleichen, von denen, wie
sie ebenfalls in neuerer Zeit zum Theil wieder aufgerichtet sind, Fig. 270
nach photographischer Aufnahme eine Probe giebt (vgl. oben S. 73). Sie
Sind aus weißem Travertin erbaut und schließen sich in ihren Ausmessungen
natürlich den vorbildlichen älteren an, doch sind sie gänzlich uncannellirt und
ES lässt sich kaum bezweifeln, dass sie später so geblieben wären, wenn nicht
die Verschiittuiig die Arbeit unterbrochen hätte. Denn erstens ist auch der
Fries ungegliedert und ohne die Abwechselung von Triglyphen und Metopen,
Welche die älteren Friesstücke zeigen, und zweitens ist die Cannellur auch am
Hälse nicht angelegt, wie dies bei dem Aufbau der Säulen zu geschehn pflegte,
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