504
Erstes Capitel.
Die Architektur und das Bauhandwerk.
zu schildernden ersten Decorationsweise sind, welche auf der Nachahmung
von Marmorincrustation durch plastisch behandelten Stuccoverputz beruht.
In Betreff des Verputzes aber ist es fast noch wichtiger als in Betreff des
rein Baulichen auf den großen Unterschied der älteren Perioden von der
jüngsten aufmerksam zu machen, und zwar deswegen, weil hier der künst-
lerische Charakter der Architektur und der Ornamentik fast noch unmittel-
barer in die Erscheinung tritt. Der Unterschied ist aber der, dass der Stucco,
wo er in den älteren Perioden als Verputz auftritt, nur bestimmt ist, dem un-
scheinbaren und ungleichartigen Material ein edleres und gleichmäßiges Ansehn
zu geben und der Färbung oder Malerei, wo diese auftrat, als Unterlage zu
dienen, ohne, wie dies schon bei dem griechischen Tempel bemerkt worden
ist, irgendwo zum Träger auch nur des geringsten Gliedes zu werden. Er
erscheint hierbei, technisch auf das vortrefflichste bereitet, als ein sehr harter
und feiner Überzug, der weder architektonische Glieder noch selbst plastische
Ornamente in ihren Formen verdirbt (vgl. z. B. von Rohden, Terracotten von
Pompeji S. 9), während in ihm, da wo er im Innern selbst formgebcnd ver-
wendet wird, wie an Simsen und den für den ersten Decorationsstil so charak-
teristischen Zahnschnitten, die größte Schärfe und Genauigkeit der Formen
zeigt. Im graden Gegentheil hierzu bildet der Stuccobewurf der spätem Zeit,
welcher wesentlich als die Grundlage der Frescomalerei zu betrachten und
unter diesem seines Ortes näher darzulegenden Gesichtspunkte vortrefflich
ist, eine dicke Kruste, unter der jede Form wie jedes Material verschwindet
oder gleichgiltig wird. Mit dieser dicken Verputzungskruste hat aber die letzte
Periode Pompejis nicht nur ihre eigenen Bauten, sondern zum großen Theil
auch diejenigen der früheren Perioden überzogen und verdeckt und dabei eine
Menge schöner alter Formen nicht nur verhüllt und stumpf gemacht, sondern
auch vielfach gänzlich umgewandelt. Hierfür möge es genügen auf ein be-
stimmtes Beispiel hinzuweisen, welches Fig. 264 vergegenwärtigt. Um die
f 7 1x]:
Milißiivlwi:1M"? isuiuqrx IIIIKSTWMU
U11 "W äjglijhlu Ä", w
m"Willlwwilli.7WWä"üiulnmrmmV
IQQäQEiiIiÄII,.l"HmiädlIIIHIEÜIIIEMÄMi ß
ä nnlmilmiiiumummmfnmlmmmmlilaml 3"
rimmhgmaiiääilllllli imimfinkuill I" "
ilnManE
Fig. 264. Übertünchtes dorisches Gebälk vom Apollotempel.
ursprünglich ionisehen Säulen mit dorischem Gebälk im Peribolos des Apollo-
tempels Fig. 51) mit dem in korinthischem Stil restaurirten Tempel in eine
Art von Übereinstimmung zu bringen, sind dieselben in der Weise, welche die