Graffiti.
Öffentliches Leben,
Ghadiatorenlibelli.
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in diesen privaten Inschriften: denn anders kann man es doch füglich nicht
nennen wenn sich fünf YVahlempfehlungen und W ahlprogramnie in den
Stucco der Säulen und Wände der Atrien und Peristyde iin Innern von Privat-
häusern eingekratzt finden f). die hier für die Ötfentzliclikeit in keiner Weise
bestimmt gewesen sein können. Auf den besondern Inhalt dieser zum Theil
etwas abgeänderten Wiederholungen der für die Öffentlichkeit bestimmten
Dipinti kann hier nicht eingegangen werden; interessant ist vor Allem die
Thatsache im Ganzen, Welche deutlich zeigt, wie lebhaft bewegt das öffent-
liche communale Leben zu Zeiten in Pompeji War, und wie die Wahlkämpfe
die Gemüther erregten.
Neben ihnen dann, und zwar in ganz besonderer Ausdehnung. die Kämpfe
des Ampliitheaters. die Erinnerungen an welche eine ziemlich starke Classe der
Graffiti abgeben. Auch hier muss auf das Eingehn in das Einzelne verzichtet
werden; von einigen dieser Inschriften, welche uns die ausgegebenen Hbellz" mit
den zum Kampfe geordneten Gladiatorenpaaren vergegenwärtigen, ist schon
oben bei Gelegenheit der Dipinti gesprochen worden; andere und neben ihnen
vielfache. wenn zum größten Theile auch sehr rohe Zeichnungen, Welche Gla-
diatoren verschiedener Waffengattungen, häufig, ja meistens mit ihren Namen,
in den verschiedensten Scenen und Stadien der Kämpfe, gegen einander an-
gehend. siegreich und besiegt, triuniphirend und gefallen darstellen, mochten
als werthe Erinnerungen an die gesehenen Herrlichkeiten der heißgeliebten
Spiele dienen. Auch von diesen Zeichnun-
gen ist F ig. 261 ein Pröbchen. welches zu-
gleich zu Vergegenwärtigung des Schrift- ÄXX l
charakters der Graffiti dienenkann. Rechts 1.x 23;?
steigt ein Bewaffneter mit einer Palme in
der Hand. also jedenfalls ein Sieger, viel- j
leicht ein Gladiator, eine Treppe, vielleicht i " "AX
eine solche des Amphitheaters herab, die k {Kauf
beiden Personen links sind weniger sicher X v
zu erklären, möglicherweise sollen sie Fig_ 251_ Gramm mit Bild
einen Magistrat oder den Procurator auf
dem Tribunal und den Herold darstellen. Unsicher ist auch die Bedeutung
der jetzt verlorenen Inschrift ( 1293) : Oampani vicioria zma cum Nucerinis
peristis (iiCampaner [Capuanerh ihr seid in einem Siege mit den Nucerinern
llmgekommena). Sie ist schon seit langer Zeit und neuerdings Wieder, wohl
nicht ohne Grund, auf jene Schlägerei im Amphitheater von Pompeji bezogen
worden, über welche oben S. 14 f. berichtet ist. In eine nähere Auseinander-
setzung über den Wortlaut der Inschrift kann hier nicht eingetreten werden.
Sowie die Erinnerungen aus dem öffentlichen Leben finden sich auch die-
jenigen aus dem Leben des Hauses und der Familie in nicht geringer Zahl an
den Säulen und Wänden im Innern der Häuser angeschrieben, neben ihnen
auch etliche aus dem Treiben der Gesellschaft. Ein Stück einer Buchführung
über Schweinefett und Knoblauch haben wir schon früher (S. 294) in der Casa
Zangemeister Bull. d.
Inst.
1865,
P- 183 5q_