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Viertes Capitel.
Statue gefunden, welche das Titelbild darstellt, und auf welche im artistischen
Theile zurückgekommen werden soll; da diese Werkstatt mit einem durchaus
nicht unansehnlichen Hause in Verbindung steht, mag das kostbare Kunst-
werk, was man früher glaubte verneinen zu müssen 179), in der That dem Wal-
ker gehört haben, der einst hier gewohnt hat.
Dritter
Abschnitt.
Die Gräber und Grabdenkmäler.
So wäre sie denn durchwandert die Stadt der Lebenden, und abermals
stehn wir an dem Thore, durch das wir sie betreten haben. Wir durch-
schreiten das Thor, denn es bleibt noch ein Besuch bei den Wohnungen der
Todten, die Betrachtung eines Theils der Stadtanlage von Pompeji übrig,
welcher das mannichfaltigste Interesse sowohl in antiquarischer wie in künst-
lerischer Rücksicht in Anspruch nimmt, der vor dem Herculaner Thor gele-
genen Gräberstraße. Da diejenigen Gebäude, welche außer Grabdenkmälern
und dem zu ihnen Gehörigen an dieser Straße stehn, die Villa des Diomedes,
die s. g. des Cicero, das Haus der vier Mosaikpfeiler, die Läden und Schenken
zu beiden Seiten theils genauer, theils wenigstens im Vorübergehn besprochen
worden sind, so bleiben jetzt nur diejenigen Monumente zu besichtigen,
welche mit der Todtenbestattung im Zusammenhang stehn. Eine Ansicht
der Gräberstraße in ihrem gegenwärtigen Zustande, von der Villa des Diome-
des gegen das Thor aufgenommen, ist dieser Seite vorgeheftet; Fig. 197, S. 399
ist ein Specialplan der Gräberstraße, zu dem im Allgemeinen nur zu bemerken
ist, dass die Theile zwischen A. A den Ausgrabungen des vorigen Jahrhun-
derts (1755, 1756, 1757, dann besonders 1763-1782), diejenigen zwischen
B. B hauptsächlich denjenigen der Jahre 1812 und 1813 angehören.
Zur Erläuterung der nun folgenden Monumente sind nur wenige allge-
meine Vorbemerkungen über die römische Todtenbestattung nöthig. Es ist
schon früher bemerkt, dass die Zwölf Tafeln sowohl das Begraben wie das
Verbrennen der Todten in der Stadt untersagten; denn früher war es Sitte,
die Todten im eigenen Hause zu bestatten, während nach dem Verbote man
sich einen Platz außerhalb der Stadt, vorzugsweise an den Heerstraßen erwarb,
um auf demselben das Grabmal zu errichten. Ein solcher Platz konnte auch
von Seiten der Gemeine als Auszeichnung für verdiente und angesehene Per-
sonen geschenkt werden, wovon uns Beispiele in Pompeji vorliegen, während
nur für die Allergeringsten, namentlich für Sclaven und hingerichtete Ver-
brecher ein öüßntlicher läegräbnissplatz, in Rom auf dem Esquilin, vorhanden
war. Die religiös gebotene Sorgfalt für die Todten in Verbindung mit dem
Verlangen nach Pomp und Pracht und dauerndem ehrenvollen Andenken ließ
die Gräber mit der größtmöglichen Schönheit und Eleganz ausführen, so dass
wir selbst in dem kleinen Pompeji eine Reihe äußerst stattlicher Grabdenk-
mäler finden, welche architektonisch zum Theil zu den besten lylonumenten
der Stadt zu rechnen sind, während in der Hauptstadt ein ungleich bedeuten-