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Capitel.
Viertes
in die Höhe gebogene Eisenstange, Welche um einen im Centrum des Bodens
befindlichen Zapfen drehbar war, jetzt aber natürlich festgerostet ist. An
dieser Stange sind Spuren von Holz kenntlich, und es fanden sich in dem Ge-
fäß beträchtliche Holzreste. Mithin ist klar, dass in dem Steincylinder eine
drehbare Vorrichtung aus Holz angebracht war. In den Wänden des Gefäßes
befinden sich Löcher, deren Zweck nicht erkennbar ist. Das Ganze ist befestigt
auf einem etwa 0,1 M. hohen Untersatz von Mauerwerk. Wozu nun diese ganze
Vorrichtung gedient hat, ist nicht sicher, doch dürfen wir sie ohne Zweifel
wiedererkennen in einigen auf das Bäckerhandwerk bezüglichen bildlichen Dar-
stellungen, in welchen in einem cylinderförmigen Gefäß ein senkrechter ßalken
durch ein Pferd oder durch Männer gedreht wird. Man hat vermuthet, da sich
eine andere einleuchtende Erklärung nicht bietet, dass hier eine Maschine zum
Kneten des Teiges zu erkennen sei. Abbildungen von Broden, wie sie im
Pompeji gebacken wurden, sind im artistischen Theile in dem für die Malerei
bestimmten Capitel unter anderen Gegenständen der Stilllebengemälde mit-
getheilt.
Ehe die Bäckerei ganz verlassen wird, um der YVerkstatt der Tuchbereiter
einen Besuch zu machen, sei noch bemerkt, dass man hinter dem Hause der
Figurencapitelle (capitellißgurati, VII, 4, 57; N0. 61 im Plane) an der Strada
(legli Augustali die Werkstatt eines Kuchenb äckers (pistor dulciarius) auf-
gefunden hat, welche deutlicher als durch die kleineren Mühlen (pistrilla) und
den Doppelofen dadurch bezeichnet wird, dass man in dem Locale mehre
Kuchen- oder Tortenformen und selbst zwei Kuchen noch vorfand, welche in
das Museum gebracht sind; der eine stellt eine Art von Krone dar. Eine ähn-
liche Zuckerbäckerei ist in dem Hause N0. 71 im Plane.
Die Fullonica oder Tuchwalkerei, an der Straße des Mercur (VI, 8, 20;
N0. 29 im Plan), entdeckt 1825 und hauptsächlich 1826 ausgegrabenwg), ist
in allen zum Geschäftsbetrieb wesentlichen Theilen eben so gut erhalten wie
die Bäckerei, und nimmt ein fast eben so bedeutendes Interesse in Anspruch
wie jene. Der Plan des ganzen Gebäudes Fig. 193 ist so einfach, dass man sich
mit einem flüchtigen Blick in demselben zurecht zu finden vermag. An der
vordem Straßenfronte liegen links vom Haupteingang-e vier Läden 1, 3, 5, 6
ohne Zusammenhang mit dem Innern des Hauses, die also vom Eigner ver-
miethet waren und zwar die beiden ersten mit einem hintern Ladenzimmer 2
und 4, diese und der dritte außerdem mit einem oder mehren Zimmern im
obern Geschoss, wie sich aus den Treppen ergiebt. Neben dem sehr geräu-
migen Hausflur 8 liegt ein durch ein Fenster von der Straße her erleuchtetes
Gemach 7, welches man nur sehr uneigentlich als ceZZa ostiarii betrachten
darf, welches vielmehr bestimmt gewesen scheint, um die eingehenden Be-
stellungen und Arbeiten in Empfang zu nehmen. Etwas weiterhin am Haus-
gang ist in 9 ein räthselhaftes Kämmerchen von nur 1 Ü Meter Größe, welches
Wßhl Bill Fenster auf den Hausflur, aber keine Thiir hat; vielleicht war es ein
Wandschrank, doch findet so das Loch in der Wand, durch welches dieser
Baum mit 7 verbunden ist, keine Erklärung. An diesen Zimmern vorbei ge-
langt man in daS Atrium 10, oder vielmehr in den Raum, der unrichtiger,
wenigstens uneigentlicher Weise gewöhnlich mit diesem Namen bezeichnet