Die Privatgebäude.
Die Wohnhäuser.
Haus des Lucretius.
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Mosaik gepflasterte Ostium 1 hinter einem nur etwa 1,20 M. tiefen Vestibulum
ziemlich rasch aufwärts in das tuscanische Atrium 2, vorbei an einer cella
ostiarü 3, welche zugleich eine Treppe in das obere Gemach enthält. Schon
das Ostium ist mit Gemälden geziert, und zwar, selbst abgesehn von den rein
decorativen Malereien, mit bedeutenderen als sich sonst gewöhnlich in Pom-
Peji an dieser Stelle finden; namentlich ist eine Komoedienscene (Hlbg. N0.
1469) hervorzuheben und sind die musicirenden Bakchantinnen (Hlbg. N0. 482.
1919. 1945) zu erwähnen, von welchen das Haus bei der Ausgrabung, wie schon
erwähnt, den Namen delle suonatrici erhielt. Das mit einem weißen Mosaik-
fußboden versehene, 8,36 x9,7 M. große Atrium ist zunächst dadurch merk-
würdig, dass es kein Impluvium hat, während eine gemauerte Wasserrinne
durch dessen ganze Tiefe und unter dem Fußboden des Ostiums, sowie der
Schwelle und dem Trottoir hindurch auf die Straße fiihrt. Doch sind Spuren
eines ältern Impluviums vorhanden, welches vermuthlich in kostbarem Material
erneuert werden sollte, so dass die erwähnte Rinne nur als eine provisorische
Aushiilfe zu betrachten ist. Die Wände sind über einem Sockel, welcher ver-
schiedene Marmorarten nachahmt, blau gegründet und mit Grottesken bedeckt,
innerhalb deren Tritonen, Nereiden u. a. Seewesen gemalt sind; der Fries
bestand aus vergoldetern Stucco und ist bei der Ausgrabung in vielen Stücken
in der Verschiittungsmasse gefunden worden. An ungewöhnlicher Stelle und
in ungewöhnlicher Gestalt, abenähnlich der in dem Hause N0. 117 im Plane
(S. 268) , finden wir hier gleich rechts vom Eingange bei a die mit farbigem Stucco
reich verzierte Larennische, deren Giebel von zwei Säulen getragen wurde,
deren Stellen wenigstens noch erkennbar sind. Man fand hier drei Figiirchen
von Bronze.
Vier Cubicula, 4, 5, 6, 7 gruppiren sich zunächst um das Atrium, alle auf's
reichste bemalt, und zwar alle vier auf weißem Grunde, der das nicht beson-
ders helle Licht in diesen Zimmern hebt, welche vermuthlich wie in der Uasa
di Meleagro durch Fenster über den Thüren, auch wenn diese verschlossen
waren, erleuchtet wurden. Ähnlich sind einander in den vier Cubiculis auch
die architektonischen leichten Umrahmungen der Haupt- und Nebenbilder;
im Übrigen ist die größte Mannichfaltigkeit vorhanden. Das Zimmer N0. 4 hat
auf jeder WVand als Nebenbilder kleine Genien oder Eroten, die mit Waffen
spielen (Hlbg. N0. 624), rechts als freilich sehr kleines, aber feingemaltes
Mittelbild Selene und Endymion (Hlbg. N0. 950), einen oft und in sinniger
Weise behandelten Gegenstand, an der Mittelwand Achill vom Kentauren
Cheiron im Leierspiel unterwiesen (Hlbg. N0. 1294, sehr zerstört), ebenfalls
ein in Pompeji und in Herculaneum wiederkehrender Gegenstand. Auf der
dritten Wand links stellt das Mittelbild eine Nereide auf einem Seepferd dar
(Hlbg. No. W29). An dem obern Theile der rechten und linken YVand sind
noch die Musen Melpomene und Thalia gemalt (Hlbg. N0. 876. 880). Eine
Nereide auf einem Delphin reitend (Hlbg. N0. 1037) bildet auch den ersten
HaflPtgßgenstanrl rechts in dem Zimmer N0. 5, dessen übrige Bilder, ein Ky-
Parlssüs (Hlbg. N0. 219) und ein Polyphem mit Galatea (Hlbg.No.1051) stark
gelitten haben, so dass ihre Deutung nicht ohne Bedenken ist und dass mit
Sicherheit nur noch in den Nebenfeldern außer zwei schwebenden Satyrfiguren