Die öffentlichen Gebäude.
Die größeren Thermen.
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gestattet, ziemlich
aufstellen , indem
eine
von
genau verfolgen, und somit
wir folgende vier Gruppen
Geschichte der Anlage
Veränderungen unter-
scheiden:
1. In den Caldarien werden hohle Fußböden angelegt. Die Nischen
werden im Männercaldarium mit Ziegelstuck, bald nachher im Männertepi-
darium die obere Reihe mit weißem, die untere mit rothem Stuck ausgeputzt.
2. In den Caldarien werden hohle Wände, in den 'l'epidarien suspendirte
Fußböden und hohle Wände angelegt, hier jedoch mit Ausschluss der Wöl-
bungen und Lünetten, welche, wenigstens im Frauentepidarium, eine neue
Decoration (Gesims mit Eierstab) erhalten. Gleichzeitig erfahren die Ost-
wände beider Caldarien und des Männertepidariums einen Neubau; in der des
Frauentepidariums wird ein kleines Fenster geschlossen. Die Thüren werden
erweitert und mit Ziegelpfosten versehen, die schräg durch die Ecke gehende
zum Frauentepidarium rechtwinkelig gemacht.
3. Die Hohlwände werden im Frauen- und vielleicht auch im Männer-
tepidarium auf Wölbung und Liinetten ausgedehnt. Im Frauentepidarium
und Caldarium wird die Westwand neu gebaut, mit 0,90 M. breiten Fenstern
in den Lünetten.
4. Im Männertepidarium werden die Hohlwände von Wölbung und Lü-
netten (wenn sie hier vorhanden waren) wieder entfernt. Ebenda wird eine
Wanne, im Frauenapodyterium das kalte Bad gebaut. Die Wannen in den
Caldarien werden erneuert, im Mannercaldarium gleichzeitig auch der suspen-
dirte Fußboden. Die Wände werden neu decorirt mit theilweiser Marmor-
bekleidung. Wieder Wird im Frauenbad die Westwand neu gebaut, diesmal
mit größeren, 1,05 M. breiten, oben über die Lünetten hinausreichenden
Fenstern.
Es bedarf nun keines großen Scharfsinns, um zu vermuthen, dass die
unter 1 zusammengefassten Veränderungen in die erste Zeit der römischen
Colonie, bald nach Erfindung der Suspensuren fallen müssen. Ferner ist es
ganz klar, dass die mit 4 bezeichneten der Zeit nach dem Erdbeben von 63
n. Chr. angehören: damals konnte es begegnen, dass eine dem Augustus ge-
widmete Inschrift (oben S. 227] als Baumaterial benutzt wurde; und auch der
Charakter der Decoration stimmt dazu. Dagegen müssen wir darauf verzichten,
auch für die mit 2 und 3 bezeichneten Vorgänge eine genauere Zeitbestimmung
Zu finden. Den einzigen Anhalt dafür bietet das von M. N igidius Vaccula ge-
schenkte Kohlenbecken, wenn wir annehmen, dass dies zur Erwärmung eines
Tepidariums diente, bevor dasselbe seinen Heizapparat erhielt. Die Erben
eines Nasennius Nigidius Vaccula kommen in einer der Quittungstafeln des
_L. Caecilius Jucundus (8.12) vor, welche im Jahre 54 n. Chr. geschrieben ist;
1st also dies der Schenker des Kohlenbeckens, so ist derselbe kurz vor dem Jahr
54 gestorben, und wenn er auch die Schenkung geraume Zeit vor seinem Tode
gemacht haben kann, so kann dieselbe doch frühestens in die letzte Zeit des
Augustus, die Umgestaltung der Tepidarien (2) frühestens in die Zeit des Ti-
berius fallen. Aber freilich ist die Identitätder beiden Persönlichkeiten
nicht sicher 101)