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Drittes Uapitel.
und dann durch den Eingang b auf die Strada delle Terme. Dieser Vorhof
war nicht immer vorhanden, sondern ist offenbar erst später angelegt worden,
Während früher die Bank frei an der Straße lag; ohne Zweifel war er, so wie
auch die gemauerte Bank am Ostende der Nordfront neben dem Eingang a3,
für die wartende Dienerschaft bestimmt. Der schon erwähnte Umstand,
dass alle genannten Räumlichkeiten dieser streng abgetrennten Abtheilung
der Thermen von ungleich einfacherer Ornamentirung als die der größern
Abtheilung sind, hat auf den Gedanken geführt, in dieser Abtheilung, welche
als die Frauenabtheilung bezeichnet worden ist, die Badezimmer für die ärmere
Classe zu finden. Eine biindige Widerlegung dieser Auffassung ergiebt sich
erst aus der Betrachtung der gleich zu besprechenden größeren Thermen, wo
in der Frauenabtheilung die zur Aufbewahrung der Kleider bestimmten Nischen
niedriger sind als in der Männerabtheilung, entsprechend dem durchgängigen
Größenunterschied der Geschlechter. Da es aber reine Willkür sein würde,
die ganz entsprechende Verdoppelung der Räume hier anders als dort zu
erklären, so werden wir ohne Bedenken auch hier das Frauenbad erkennen
diirfen. Bei der Zuriicksetzung der Frauen ist die geringe Ausschmückung
der für sie bestimmten Baderäume erklärbar genug.
Eine andere Ansicht hat Breton (Pompeia (lächle, 3. Ausg. Paris 1870) auf-
gestellt: nach ihm wäre die F rauenabthcilung das ältere Badehaus, die Män-
nerabtheilung ein neues und erweitertes. Umgekehrt sind Nissen und Schöne
(Pomp. Stud. S. 128 PR), welche die beiden Abtheilungen als Männer- und
F rauenbad unterscheiden, der Ansicht, dass das Frauenbad erst später hinzu-
gefügt worden sei. Beide Meinungen widerlegen sich durch eine sorgfältige
Prüfung des Mauerwerks, welche ergiebt, dass dasselbe gleichartig und offenbar
zu gleicher Zeit entstanden ist, mit Ausnahme einiger Reste älterer Gebäude,
die man stehn gelassen und für den Neubau benutzt hat, und einiger, schon
erwähnter Veränderungen am Frauenbad. Jene älteren Reste sind die West-
mauer des Frauencaldariums und die Läden der Südseite mit ihren ersten
Hinterzimmern : sie beweisen, dass die Insula schon" vor dem Bau der Thermen
wesentlich ihre jetzige Form hatteßö)
Zu bemerken ist noch, dass die ganze Nord- und Ostseite des Gebäudes.
an der Thermen- und Forumstraße, mit einem vorspringenden Dach zum Schutz
gegen Regen versehen war, wie aus den Löchern für die Dachbalken und ihre
sclnägen Stützen deutlich hervorgeht.
Was endlich die Zuleitung des für diese Thermen nöthigen Wassers
anlangt, so kann dasselbe nur durch die städtische Wasserleitung geliefert
worden sein. Ein Pfeiler derselben findet sich in n auf dem Plane, und hinter
diesem Pfeiler, welcher ohne Zweifel, grade so wie die übrigen, ein offenes
Bassin getragen hat (s. unten) ist eine überwölbte Öffnung schräge durch die
Mauer in den Raum J deS Planes gebrochen, und zwar in einer Richtung,
dass ihre Verlängerung auf den Brunnen Ö trifft. Dagegen hat die große
Cisternc, L LL auf dem Plane, welche erst in der allerjiingsten Zeit völlig
ausgeräumt und dabei als in der Ausbesserung (Abputzen der Wände) bggl-iäen
gefunden worden ist, mit den Thermen keinen Zusammenhang. Diese Cisterne
bildet einen durch nach innen vorspringende Pfeiler in drei Abtheilungen