Einleitung.
tenbilder der alten Gemälde sind, Alles von alter Malerei unwiederbringlich
verloren ist. So vertreten uns die herculanischen und pompejanischen YVand-
gemälde fast allein die ganze alte Malerkunst, und zwar nach einer sehr
bedeutenden Seite ihrer Technik, nach dem WVesen der Form- und Farb-
gebung wenigstens dieser Technik, nach dem der Composition, nach dem
der Gegenstände. Und mögen auch die besten dieser Bilder, hätten wir
die WVerke der Meister, als sehr schwache Nachklänge der eigentlichen Herr-
lichkeit der Kunst erscheinen, mögen sie einen großen Theil der Schuld
tragen, dass über die antike Malerei als Ganzes schwer ausrottbare falsche
Vorstellungen und Vorurteile sich festgesetzt haben, dennoch können wir
uns ihrer Erhaltung nicht genug freuen, dennoch werden wir immer aner-
kennen müssen, dass sich vortreffliche, reizvolle, anmuthige, in jedem Be-
tracht interessante Kunstwerke in großer Zahl unter ihnen befinden.
So tritt neben die antiquarische Bedeutung Pompejis eine künstlerische,
und so wird neben die Ahtheilun dieser Beschreibung, welche es mit den
Resten des Lebens und mit derengErklärung und Neubelebung zu thun hat,
eine zweite künstlerischen Interesses zu stellen sein, deren Gegenstände
besonders die Gemälde Pompejis und die durch sie vertretene antike Malerei
bilden.
Sowie aber der Hervorhebung der Bedeutung der pompejanischen Ge-
mälde gleich eine Einschränkung hinzuzufügen war, so muss eine ähnliche
für die oben angedeutete antiquarische Wichtigkeit der alten Stadt und eine
Warnung vor Überschätzung hier zum Schlusse nachgetragen werden. Pom-
peji ist, Wenngleich eine reiche, handeltreibende Stadt mit lebhaftem Verkehr,
dennoch nur eine kleine und eine Landstadt ohne politische Bedeutung
gewesen; allen ihren Resten ist nicht der Stempel des Wesens eineiidllpiupt-
und Weltstadt auf earägt, und wenn man Pompeji ein Miniaturbi oms
genannt hat, so kaiinl das, abgesehn von den unrömischen Elementen, denen
man in ihr begegnet, nur in Beziehung auf die Denkmäler des communalen
und privaten Lebens gelten. YVas Rom darüber hinaus besaß, was die ewige
Stadt zur Hauptstadt nicht allein Italiens, sondern der Welt machte, was
von den Monumenten, welche diese weltbeherrschende Stellung geschaffen,
in Rom geblieben ist, das fehlt nicht allein in Pompeji, das lässt sich an
den Monumenten in Pompeji auch nicht nachweisen, so wenig wir Jemandem
an Städten wie Bonn oder Zwickau die Einrichtungen und das Eigenthüm-
liche von Städten wie London und Paris oder Berlin und Dresden klar machen
können. Mit der bloßen Vergrößerung durch die Phantasie ist's hier eben
nicht gethan. Vergleichende Blicke auf das Leben der WVelthauptstadt können
wir wohl von dem vor uns befindlichen Monumentenkreise des Landstädtchens
werfen, aber nur dagegen muss gleich hier Verwahrung eingelegt werden,
dass es nicht die Absicht dieses Buches sein kann, die Beschreibung Pom-
pejis zum Anlass einer encyklopädischen Darstellung der römischen Anti-
quitäten zu machen, dass vielmehr Pompeji der wirkliche und eigentliche
Gegenstand der Beschreibung, Darstellung und Erklärung ist und, wenn
der Zweck nicht verfehlt werden soll, sein muss.