Volltext: Pompeji in seinen Gebäuden, Alterthümern und Kunstwerken

Einleitung. 
Denn selbst von der Schwesterstadt Hcrculaneum kann man Gleiches nicht 
sagen. Herculaneum nämlich ist nicht allein ungleich tiefer verschüttet, 
als Pompeji, es ist in seinen wichtigsten Theilen von einem mächtigen 
Strome vulcanischen Schlammes überfluthet, der zu einer felsenfesten Rinde 
erstarrt ist, und auf dem großentheils die modernen Städte Portici und Resina 
erbaut sind. Demnach kann Herculaneum nur zum kleinsten Theil aufgedeckt 
werden, und zu Tage liegen von ihm nur ein paar einzelne Häuser, während 
manches früher in der Art eines Bergwerks, gleichsam durch Stollen und 
Schachte aufgegrabene und nach Kunstwerken durchsuchte Gebäude, wie die 
Basilika u. a. wieder verschüttet worden ist, und das Theater. zu dessen über 
den Sitzstufen umlaufendem gewölbtem Corridor man auf einer 112 Stufen 
tiefen Treppe hinabsteigt und dessen Orchestra 26,60 M. unter dem Niveau 
der-Stadt WResina liegt, nur bei dem zweifelhaften Lichte von Kerzen be- 
sichtigt werden kann. Pompeji dagegen liegt wieder offen unter dem freund- 
lichen Lichte des campanischen Himmels, der ihm einst gelächelt hat, 
wir können, die leichte Luft des Lebens athmend, durch seine Straßen 
wandern, in seine Häuser eintreten und seine Monumente im Strahle der 
glänzenden Sonne betrachten, die, Leben und Freude weckend, die Gedanken 
an Tod und Zerstörung aus unserer Seele verscheucht. Herculaneum ist 
eine dunkele Gruft, in der ein ganzes Geschlecht begraben liegt, Pompeji 
ist wie eine Stadt, die etwa nach einem Brande von den Einwohnern ver- 
lassen ist, welche sich die Phantasie als wiederkehrend denken mag. Ein 
wunderbares WValten des Schicksals hat uns diese Stätte des Alterthums in 
ihrer Ganzheit bewahrt. Hier pulsirte das Leben in frischester Fülle und 
Kraft, hier schuf und wirkte dasselbe nach allen Richtungen mit ganzer, 
reger Geschäftsthätigkeit, hier trieb sich der lebhafte Verkehr eines sorglosen 
Völkchens durch die Straßen und Gassen, als plötzlich die Parze den Faden 
abschnitt. Ungeahnt und daher um so furchtbarer brach das Verhängniss über 
die Stadt herein, als der für erloschen gehaltene Vesuv in seiner ersten 
historisch bekannten und zugleich gewaltigsten Eruption vom Jahre 79 Massen 
von Bimsstein- und anderen Steinbroeken, dann von Asche auswarf, die, von 
gewaltigen Wassergüssen zusammengeschlämmt, mit einer gleichmäßigen 
Decke die ganze Stätte dieses Lebens einhüllten , sie beschützend vor den 
langsam aber sicher wirkenden Zerstörungen kommender Zeiten, und Alles, 
was sie trug, geheimnissvoll bewahrend bis auf späte Jahrhunderte. 
Diese Jahrhunderte sind gekommen: uns war es vorbehalten die be- 
deckende Hülle hinwegzuheben. Ohne große Mühe kann die höchstens sieben 
bis acht Meter starke, dabei weiche und lockere Masse vulcanischer Asche und 
Lapilli (Bimssteinbrocken)hinweggeräumt werden, bis man auf das Pflaster 
der alten Straßen gelangt, zu deren Seiten die Gebäude sich erheben. Und 
wenngleich die Ausgrabungen während der einhundert und fünfunddreißig 
Jahre, die seit der Entdeckung verstrichen sind, meistens, und auch bis in 
die neueren, besseren Zeiten mit einer Säumigkeit und Lässigkeit betrieben 
werden sind, die gegenüber den wissenschaftlichen und künstlerischen Inter- 
essen der Funde nur aus einer gründlich schlechten Verwaltung erklärbar ist, 
so ist doch ein ungefahres Drittel der verschütteten Stadt wieder an den Tag 
gebracht, und zwar dasjenige Drittel, welches neben dem Forum und noch 
ein paar Plätzen die Hauptstraßen, die bedeutendsten öffentlichen Gebäude, 
Tempel, Basilika, Bäder, Theater und Amphitheater umfasst und daneben 
eine Fülle von Wohnhäusern, Läden, gewerblichen Anlagen, so dass kaum
	        
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