Die öffentlichen Gebäude.
Das kleine Theater.
Bühne stiegen, ist eine offene Frage sowohl für das griechische als für das
römische Theater. In Abrede stellen können wir es nicht und dürfen vielleicht
die fraglichen Treppen des pompejanischen Theaters dafür geltend machen.
Durch die drei Thüren der Bühnenriickwand betritt man über zwei Stufen
das Postsceilium D, den Raum in welchem die Schauspieler ihren Auftritt
erwarteten. Im Plane sehen wir außer der Mittelthür, in welche die Rampe
C leitet, zu den Seiten in der Hinterwand noch zwei Thüren; dieselben sind
jedoch schon im Alterthum vermauert worden. Die Rampe bei O kann schwer-
lich nur dazu gedient haben, dem einzelnen Schauspieler Zugang zur Bühne
zu schaffen; sie wird vielmehr den Zweck gehabt haben, allerlei chorartigen
Aufzügen, die aus irgend einem Grunde durch die Mittelthür eintreten sollten,
ein wohlgeordnetes und effectvolles Auftreten zu ermöglichen. Häufiger freilich
mochten hierfür die großen Seitenthüren F benutzt werden; wir haben oben
(S. 77) gesehen, dass der feierlichste Zugang zum Theater, über die Treppe
vom Forum triangulare, direct auf den linken dieser Eingänge zu führte. Im
griechischen Theater zogen dergleichen Aufzüge (wie der Siegeszug Agamem-
nons beim Aeschylus) durch die Parodos in die Orchestra ein. Es sind also
diese Zugänge zur Bühne ein Beweis mehr dafür, dass Aufführungen nach
griechischer Art hier nie stattgefunden haben.
Die dem Zuschauerraum zugewandten viereckigen Nischen p in der
Prosceniumsmauer waren nicht sowohl, wie man angenommen hat, für Sta-
tuen, als zum Aufenthalt der Theaterpolizei bestimmt, welche an diesen Orten
sitzend, wie sie uns eine bildliche Darstellung zeigt, die ganze Zuschauermasse
auf das bequemste überblicken konnte.
Es ward schon oben (S. 77) erwähnt, dass an der Stelle der Cellen an
der Nordseite der Gladiatorenkaserne, in der Fortsetzung der vom Forum
triangulare herabkommenden Freitreppe, einst ein Säulengang lag, und dass
so der Hof A an der Süd-, Ost_ und am Ostende der Nordseite von Säulen-
hallen umgeben war, welche mit jener Treppe den feierlichen und officiellen
Zugang zur Bühne (durch und zur Orchestra bildeten. Dass eben dies,
und nicht der den Zuschauern bei Regenwetter zu bietende Schutz, die eigent-
liche Bedeutung dieser Hallen war, wird eindringlich und gleichsam absichtlichk
dadurch klar gemacht, dass sie am westlichen Ende des Platzes fehlen. Wenn
nun Vitruv V, 9, 1 vorschreibt, dass zu jenem andern Zweck Portiken anzu-
legen sind, so ist kürzlich mit Recht hervorgehoben worden, dass dies offenbar
die ursprüngliche Bedeutung der unter dem Namen Gladiatorenkaserne be-
kannten und zu solchem Zweck in der Kaiserzeit benutzten großen Porticus
(XXVII auf dem großen Plan) gewesen ist. Hierauf wird bei Besprechung
derselben noch zurückzukommen sein.
Das kleine Theater.
Das kleinere, nach der Bauinschrift überdachte Theater (tlzeatrum tectum)
liegt östlich (auf dem Plan Figur 88 rechts) von dem hinter dem Bühnen-
gebäude des großen Theaters befindlichen Hofe A, zwischen diesem und der
Stahianer Straße. Es ist jünger als das große Theater. Die erwähnte Bau-