Einleitender
Theil.
Einleitung.
Wenn Goethe in seiner italienischen Reise unter dem 13. März 1787
von der Zerstörung Pompejis schreibt: nEs ist viel Unheil in der WVelt ge-
schehn, aber wenig das den Nachkommen so viel Freude gemacht hätte.
Ich weiß nicht leicht etwas Interessanteresa, so leiht er damit einer Em-
pfindung Ausdruck, welche wohl so ziemlich Jeder theilen wird, dem es
vergönnt war, durch die Ruinen der uns durch ein wunderbares Schicksal
überkommenen antiken Stadt zu wandern. Allerdings mag der erhaltene
Eindruck bei Verschiedenen verschieden, auch bald stärker, bald schwacher
sein; möglich dass der eine und der andere Besucher, der mit wer weiß
welchen Erwartungen nach Pompeji gekommen ist, sich enttäuscht gefunden
hat, spricht doch Goethe selbst in einem Briefe vom 11. März des genannten
Jahres von dem nwunderlichen, halb unangenehmen Eindrucke dieser mumi-
sirten Stadta, den er und Genossen sich nin der Laube zunächst am Meer
in einem geringen Gasthofe bei einem frugalen Mahle aus den Gemüthern
gewaschen habena, und gewiss ist, dass man den ganzen Zauber dieser Stätte
erst bei einem langem Aufenthalt und gründlichem Studium empfindet.
Dennoch wird man gewiss Wenige finden, welche nicht in Pompeji selbst
mehr oder weniger enthusiasmirt gewesen wären, W enige, denen die stunden-
lange Wanderung durch Pompei, selbst unter dem Strahle der in den schatten-
losen Ruinen besonders heiß brennenden Sommersonne Süditaliens, dem
Geschauten gegenüber zu mühsam erschienen wäre, ja Wenige, denen selbst
fern von Pompeji und ohne es mit leiblichem Auge sehn zu können, nicht
Schilderungen und Abbildungen der antiken Stadt ein lebhafteres Interesse
erregen, als gar mancher andere Gegenstand.
Der Zauber aber, den Pompeji auf den Besucher ausübt, das Interesse,
welches seine Ruinen und Uberreste dem Gelehrten wie dem Laien erregen, be-
ruht darauf, dass gegenüber (lem Zustande der Vereinzelung der antiken Monu-
mente und ihrer modernen Umgebung fast im ganzen Bereiche der antiken
Cultur, es hauptsächlich nur Pompeji ist, wo das Alterthum uns, wenn auch
nicht in ungestörter Ganzheit und Unverletztheit, so doch in einem Zustande
der Erhaltung entgegentritt, welcher durch verhaltnissmaßig geringe Anstren-
gung in der geistigen Anschauung zur Ganzheit erhoben werden kann, wo
uns also am vollkommensten und klarsten ein Stück der antiken Welt mitten
in unsere moderne gestellt und dennoch in sich abgeschlossen entgegentritt.