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Drittes Capitel.
wahrnehmbare Veränderungen können nicht innerhalb eines ganz kurzen Zeit-
raumes vorgegangen sein und wir dürfen daher annehmen, dass schon geraume
Zeit vor dem Erdbeben des Jahres 63 auch an der Stelle der mittlern s. g.
Curie ein öffentliches Gebäude lag. Alle drei Gebäude bestehen aus Incertum
mit Ecken und Facade aus Ziegeln; Fußboden, Wände und Faeaden waren
mit Marmor bekleidet.
Die herkömmlichen Bezeichnungen als Curien oder Tribunalien dürfen
wir bei Seite lassen, schon deshalb weil die drei Räume bemerkenswerthe Ver-
schiedenheiten zeigen und daher ohne Zweifel verschiedenen Zweigen der
städtischen Verwaltung gedient haben. Nissen erkennt in ihnen den Sitzungs-
saal der Decurionen, das Amtslocal der rechtsprechenden Duumvirn und das-
jenige der Aedilen. Und in der That, da diese Locale vorhanden sein mussten,
sonst aber nicht nachweisbar sind, so hat diese Vermuthung große Wahrschein-
lichkeit. Ehe wir jedoch auf die Benennung der einzelnen Gebäude eingehen,
betrachten wir dieselben etwas genauer.
Sie haben eine gemeinsame Facade, und die Gänge zwischen ihnen sind
nur durch niedrige Thüren zugänglich. Ihre Anordnung ist eine offenbar
symmetrische mit Hervorhebung des mittelsten durch den erhöhten Fußboden,
durch die kleine Freitreppe, sowie dadurch, dass die Frontmauer etwas zurück-
tritt; auch war es, wie wir sehen werden, das prachtvollste. Betrachten wir
nun aber die drei Gebäude nicht mehr für sich, sondern in ihrer Beziehung
zum Forum, so liegen das östliche und das mittlere zu beiden Seiten der Sym-
metrielinie, der Axe des Forums, das westliche dagegen bildet den Südabschluss
der Westporticus. Aus jedem der beiden ersteren blickt man zwischen dem
Augustusbogen und den colossalen Basen neben demselben auf den Juppiter-
tempel, und hat, bei der geringen Entfernung von der Axe des langgestreckten
Platzes, den Eindruck, ihm gegenüber zu stehen. Wir müssen annehmen, dass
der obere Theil der Facade, welcher für den Gesammteindruck des Forums in
Betracht kommt, bei diesen beiden gleichartig, bei dem westlichsten Gebäude
bescheidener war. In der Betrachtung der einzelnen beginnen wir von Osten.
Für den ersten Saal ist charakteristisch die halbkreisförmige Apsis von
5,40 M. Öffnung, an deren Wand eine 1,20 M. hohe, 0,75 M. breite, in der
Mitte gradlinig abgeschnittene Stufe angemauert ist: sicher stand hier eine
Statue und war zu den Füßen derselben der Platz des Vorsitzenden Magistrats.
Ohne die Apsis ist der Saal 12,45 M. tief, 9,40 M. breit; er war, außer durch
die 3,87 M. weite Hauptthür noch durch eine kleine Nebenthür aus dem Gange
zwischen diesem und dem nächsten Gebäude betretbar; auch der Gang war
durch eine Thür geschlossen. Der Haupteingang war sehr stark versichert,
wie aus der freilich nur rechts erhaltenen Marmorschwelle ersichtlich: vor der
auf starken Angeln sich drehenden Thür befand sich noch ein zweiter, durch
sehr starke Eisenriegel in der Schwelle befestigter Verschluss; und die Spuren
eines weitern , wie es scheint gitterartigen Verschlusses finden wir auf der
vorgelegten Stufe, über welche man das Gebäude betritt. Geringe Reste sind
von der Marmortäfelung des Fußbodens und der Wände erhalten. ()b der
nun folgende enge Gang noch zu etwas anderem benutzt wurde, als um zu dem
erwähnten Nebeneingang zu gelangen, wissen wir nicht; durch die ihn theil-