Drittes Capitel.
In der Anordnung der Säulen ist eine Besonderheit zu bemerken; auf
den Schmalseiten stehn dieselben in ungrader Zahl, nämlich neun, und
es ergiebt sich daraus, dass der Thiir und der Treppe des Tempels kein Inter-
eolumnium entspricht, sondern eine Säule grade davor steht. Und da man den
Eingang des Hofes lieber mit der Porticus, in die er zunächst fuhrt, als mit
dem Tempel in Übereinstimmung bringen wollte, so ließ man ihn den1 links
von der Mitte liegenden Intercolumnium entsprechen. Diese störende Nicht-
übereinstimmung zwischen dem Eingang des Hofes und dem des Tempels zeigt
auch unsere Ansicht.
Es ist noch deutlich zu erkennen, dass gegen das Forum zu ehemals keine
fortlaufende Mauer war, dass jene Pfeiler von ungleicher Dicke nicht durch
Mauern verbunden, sondern zwischen ihnen weite Durchgänge waren, durch
die man über eine Stufe in den etwas höher gelegenen Tempelhof gelangte.
Die Anordnung ist die, dass jeder der-beiden kurzen Portiken und außerdem
jedem zweiten Intercolumnium ein Durchgang entsprach; nur am Südende
musste von dieser Anordnung etwas abgewichen werden, weil sonst ein Pfeiler
vor die Siidporticus zu stehn gekommen Ware. Diese vielen und breiten
Durchgänge konnten als die Hauptzugänge des Tempelhofes gelten, so dass
dadurch die schiefe Lage des vordern Zugangs entschuldigt wurde. Und
wenn, wie gewisse Umstände vermuthen lassen, in noch früherer Zeit eine
einfache Mauer Tempelhof und Forum trennte, so steht nichts der Annahme
entgegen, dass auch in ihr ein Durchgang, der Hauptzugang zum Tempel, an-
gebracht war.
In späterer, nicht näher bestimmbarer Zeit wurden die Durchgänge zwi-
schen den Pfeilern geschlossen. Und zwar ist es ziemlich sicher, dass die vier
südlichsten (links auf dem Plan) ganz zugemauert Wurden, ebenso der nörd-
lichste, nur dass hier eine schmale Thür (1,82 M.) blieb, während die fünf
übrigen, welche dem Tempel selbst gegenüberliegen, nur durch eine niedrige
Brüstungsmauer gesperrt wurden, so dass der Tempel vom Forum aus sichtbar
blieb 4?)
Ein so unvollkommener Verschluss gegen das Forum darf uns nicht Wun-
der nehmen; denn es ist vollkommen erkennbar, dass noch in keineswegs sehr
alter Zeit die Portiken des Tempelhofes zugleich als öffentlicher Durchgang
dienten. Es ward schon oben (S. 63) erwähnt, dass an die hintere (Nord-l
Wand des Tempelhofes eine nach Norden geöffnete dorische Porticus angelehnt
war. Dieselbe entsprach aber nicht der ganzen Breite des Hofes, sondern nur
dem mittlern, unbedeckten Theil. An der Seite nach dem Forum zu ist das
übrig bleibende, der Ostporticus entsprechende Stück eingenommen durch die
zum obern Geschoss der dorischen Porticus (und wohl auch derdes Apollo-
tempels) führende Treppe und durch das daneben liegende kleine Local. Am
entgegengesetzten (West-) Ende aber führte direct auf dies übrig bleibende
Stück zu die von Norden die Nordwestecke des Ternpelhofes erreichende
Straße. Ihre Richtung ist "offenbar nachträglich geändert und sie weiter nach
WVesten gewendet worden; die natürliche Fortsetzung ihrer Westseite fallt
zusammen mit der YVestmauer des seltsamen, engen, als Passage ganz un-
brauchbaren Ganges an der Westseite des Tempelhofes: die natürliche Fort-