Drittes Capitel.
verkürzt und von den oberen Steinen an der innern Seite abgehauen worden.
Eine antike Verbindung zwischen ihr und der Cellamauer, auch der des Neu-
baues, ist nicht erweislich. Über ihre Bedeutung sind wir im Unklaren: viel-
leicht war es eine Basis für mehre Statuen; wir dürfen vermuthen, dass ihr
auf der WVestseite etwas ähnliches entsprach.
Die messbaren Verhältnisse der Säulen (unten 1,185, oben 0,95 die
schwere Proüllinie des Capitells (Eehinos) und die Mächtigkeit seines Plinthos
(1,50 M. breit), in Verbindung mit der engen Stellung der Säulen lassen uns
nicht zweifeln, dass wir es mit einem beträchtlich alten Monumente zu thun
haben, das in seiner Gesammtheit etwa den Stil des großen Tempels von
Paestum zeigen würde. Das Podium und die Säulen sind aus dem grauen
Tuff von Nocera, die Capitelle aber aus Sarnokalkstein, weil der Tuff für ihre
starke Ausladung zu wenig haltbar gewesen sein würde. Von den alten Cella-
mauern sind Quadern aus Tuff, Kalkstein und Lava erhalten. Das Ganze
war, wie bei anderen griechischen Tempeln von weniger edelem Material als
Marmor, mit feinem und hartem Stucco leicht überzogen, jedoch nicht so he-
kleidet, dass der Stucco irgendwo zum Träger auch nur des geringsten Gliedes
benutzt wäre; der Tempel muss ursprünglich in seinen feineren Gliedern
bemalt gedacht werden. Die Traufrinne war mit Löwenköpfen sehr alter-
thümlichen Stils aus Thon geschmückt: einer derselben ist gefunden worden
und befindet sich im Localmuseum in Pompeji (abgebildet Fiorelli, Gli Scavi
di Pompei 186l_72, Tf. XX; v. Rohden, Terracotten von Pompeji, Taf. I).
In den erhaltenen Säulenstümpfen finden sich Spuren einer zwischen ihnen
angebrachten Vergitterung.
Über den Namen der Gottheit, der dieser Tempel geweiht gewesen sein
mag, sind vielerlei Vermuthungen aufgestellt worden, welche hier nicht ver-
mehrt werden sollen. YVas sich für den gewöhnlichen Namen, Tempel des
Hercules, etwa sagen lässt, ist neuerdings von Fiorelli erörtert worden ; dass es
überzeugende Kraft hätte, wird man schwerlich behaupten wollen, und ebenso
beruhen die Benennungen, welche ihn bald dem Juppiter, bald dem Neptun,
bald dem Bacchus zuschreiben, auf keinen stichhaltigen Gründen. Auf Grund
der Orientirung, und weil er im Forum triangulare die Burg (arm) von Pom-
peji erkennt, glaubt Nissen (Templum S. 204, Pompej. Studien S. 336 ff),
dass hier die Stadtgöttin von Pompeji verehrt wurde, für welche er beispiels-
weise den in anderen samnitischen Städten vorkommenden Namen Juno Po-
pulona verschlägt, indem er vermuthet, dass auf sie von den sullanischen
Colonisten der Name der Venus Pompejana, der Schutzgöttin des römischen
Pompeji, übertragen worden sei. Als einigermaßen sicheres Resultat kann
jedoch auch dies nicht gelten, zumal die Bezeichnung als Burg für diesen von
dem anstoßenden Stadttheil überragten Platz doch wenig geeignet ist und der
Tempel, wie wir sahen, auch vor dem Erdbeben von 63 n. Chr. von recht
dürftiger Beschaffenheit war. Da nur ein Tempel griechischer Anlage in
Pompeji steht oder stand, so genügt diese Bezeichnung zur Verständigung
über denselben, und wird beizubehalten sein, bis sich einmal bestimmtere
Argumente für eine nähere Benennung" finden.
Die Stufen des Unterbaues sind zu hoch, um auf ihnen hinaufzugehn; es