Kunst
Japan.
Handwerk
und
Bei Tempeln, welche als nationale Heiligthümer oder vielbesuchte
Wallfahrtsorte weiteren Zwecken als dem Gebete Einzelner dienen
sollen, treten den geschilderten Theilen der Miya noch andere Baulich-
keiten hinzu. Wie aber die bürgerliche Baukunst der Japaner keine
Vereinigung verschiedener Räume zu einem baulichen organischen
Ganzen kennt, sondern den besonderen Zwecken gemäfs gesonderte
Gebäude errichtet und eine ästhetische Gesammtwirkung nur durch
die malerische Gruppirung der Baulichkeiten anstrebt, so bestehen
auch ihre gröfsten Heiligthümer aus einzelnen, oft über eine weite,
hügelige Fläche unregelmäfsig verstreuten Bauten, welche nur durch
landschaftliche Anlagen, Gruppen und Alleen uralter Bäume zu einem
Ganzen von bedeutsamer Wirkung verbunden sind.
Der Geku-Tempel zu Ise, welcher den nationalen Stil der alten
Shintö-Tempel mit am reinsten bewahrt hat, liegt inmitten eines Haines
uralter, riesenhafter Cryptomerien, untermischt mit gewaltigen Kampfer-
Bäumen, mit Ahornen und den geweihten Sakaki-Sträuichern. Zur Seite
eines von Tempelwärtern bewohnten Gebäudes erhebt sich das erste
Galgenthor, durch welches ein breiter, von Bäumen eingefafster Weg
zu einem zweiten ähnlichen Thore führt. Neben diesem werden in
einem kleinen Laden allerlei der Verehrung der Tempelbesucher die-
nende Dinge feilgeboten: Holzstückchen vom Bau des alten Tempels,
welcher seit unvordenklichen Zeiten je nach einundzwanzig Jahren
durch einen neuen, völlig gleichen ersetzt zu werden pflegt, Päckchen
von Reis, welcher auf den Göttertischchen dargeboten gewesen, kleine
goldene und silberne Wallfahrtspfennige mit dem Namen des Tempels.
Dicht dabei erhebt sich eine Schaubühne, auf welcher zu gewissen
Zeiten oder wenn fromme Pilger dafür zahlen, die geheimnifsvollen
symbolischen Kagura-Tänze aufgeführt werden. Unweit dieser Bühne
liegen die Höfe, welche den der Gottheit der Nahrung geweihten
Geku-Tempel umschliefsen. Das äufsere Gehege, eine etwa 10 Fufs
hohe Planke von sauber geglätteten Brettern aus Cryptomerien-Holz,
umschliefst einen vorn 247 Fufs breiten, 335 bis 339 Fufs tiefen, hinten
235 Fufs breiten Platz, dessen unregelmäfsige Form durch Uneben-
heiten des Bodens bedingt erscheint. Fünf T am? bezeichnen ebenso
viele Zugänge, von denen der südliche der Haupteingang ist. Durch-
schreitet man denselben, so steht man in einem kleinen Hofe, gegenüber
einem strohgedeckten Thorwege, dessen Oeffnung durch einen weifsen
Vorhang verhängt ist, der nur für Besucher von Rang gelüftet wird.
Dieses überdachte Thor bildet den Hauptdurchgang des zweiten stackett-
artigen Geheges aus runden, abwechselnd längeren und kürzeren
Pfosten von Cryptomerien-Holz, welche in Zwischenräumen von etwa 272
Fufs gepflanzt und durch zwei Wagerechte Latten eine nahe dem