Die
Baukunst
Dienste
des
Cultus.
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erhalten sie einen rothen Anstrich; auch kommen steinerne oder eherne
Torii vor, niemals aber sind sie mit Schnitzereien oder anderem Zier-
Werk geschmückt. Höchstens dafs in ihrer Mitte eine den Namen des
Kami tragende Tafel hängt.
Aus dem lichten Grün der Reisfelder oder dem dunkelen Ge-
büsch der immergrünen Tempelhaine einzeln oder gereiht aufragend
oder von den riesigen Nadelbäumen der Tempel-Alleen überschattet,
sind diese eigenartigen Galgenthore ein auffallender Zug in der japa-
nischen Landschaft und dienen so den decorativen Künsten als eine
jedermann verständliche Andeutung der Nähe eines heiligen Ortes.
Einfach und schmucklos wie die äufsere Erscheinung ist auch
das Innere des jllzjza. Ein hinterer stets verschlossen gehaltener Raum
enthält das Emblem der Gottheit, ein vorderer, offener das Golzei,
einen Stab mit einem Wedel weifser, aus einem Stücke zusammenhän-
gend geschnittener Papierstreifen. Der Ursprung dieses Golßez" wird
verschiedentlich gedeutet; während die Einen seine W edelgestalt sinnbild-
auf die Verscheuchung unreiner Einflüsse beziehen, finden die anderen
in ihm eine Erinnerung an alte vergessene festliche Bräuche, bei Wel-
chen man mit Zeugstreifen behängte Zweige des von den ShintÖ-Be-
kennern heilig gehaltenen SakakzlStrauches (Cleyera japonica) dar-
brachte und das Jahr über in den Tempeln beliefs. Die neuere Richtung
der Lehre, Welche die vermeintlich alten Bräuche wieder zur Geltung
zu bringen sucht, hat in diesem Sinne auch die Darbringung von
Streifen farbiger Gewebe in Mode gebracht. In manchen Tempeln ent-
hält der den Gläubigen geöffnete Raum auf einem einfachen Tischchen
von Hinoki-Holz noch einen metallenen Spiegel. Dieser soll jedoch nur
durch den Einflufs der buddhistischen Shingon-Secte hier seinen Platz
gefunden haben und mit jenem, auf den alten Sonnencult bezüglichen
Spiegel nichts gemein haben, welcher als Emblem der Gottheit
dem Laienauge verborgen im Allerheiligsten der Miya vieler Shintö-
Tempel bewahrt wird. Ein anderes häufig zur Schau gestelltes Emblem
ist die Kugel aus Bergkristall, Tama, welche Reinheit, Tiefe und Macht
der Kami versinnlichen soll oder als Sinnbild der Seele gedeutet wird.
Ein Paar Vasen mit Zweigen des immergrünen Sakaki-Strauches voll-
enden die bescheidene Ausstattung des Heiligthums.
Gewöhnlich steht vor dem Miya ein zweites kleines Gebäude,
die Gebethalle, Hazkien, bald von ihm getrennt, bald durch einen Ver-
bindungsbau mit ihm vereinigt, bisweilen nur ein einfaches Schutzdach
auf vier Pfosten. An dieser Halle hängt jene Schelle, durch deren
Läuten die Gläubigen die Aufmerksamkeit des Kami wecken, eine
Sitte, welche uns die im japanischen Kunstgewerbe nicht selten als
Ziermotiv benutzte Schelle am Seil verständlich macht.