Die
Baukunst
Dienste
Cultus.
liebevoll zu beobachten und als seiner Kunst nicht unwürdige Gegen-
stände zu schätzen, ihren Darstellungen gern recht oft zu begegnen.
Nicht überall freilich, wo die Lehren Gautama's Wurzel fafsten, sind
ihre, das Thierleben achtenden Vorschriften auf gleich fruchtbaren
Boden gefallen. Es bedurfte erst des kindlichen Sinnes der Japaner,
ihrer naiven, von Ueberschwang freien Hingebung an die bescheidenen
Reize des Alltagslebens, um sie zu Meistern auf einem Gebiete zu
machen, welches, trotzdem es uns Abendländern erst in neuester Zeit
und vorwiegend durch den Einflufs japanischer Vorbilder erschlossen
worden, uns doch anmuthet, als sei es ein Ausflufs unseres eigensten
WVesens.
Die Eigenthümlichkeiten beider Religionen spiegeln sich natur-
gemäfs in der Anlage und Ausschmückung der Tempel ihrer Bekenner
wieder. In seiner abstracten Reinheit hat sich aber der alte Shintö-
Tempel, wie ihn die japanische Alterthumswissenschaft schildert, nur
in wenigen Fällen erhalten. Die meisten Shintö-Tempel sind, wenn
nicht in der einfachen Anlage, so doch in der künstlerischen Aus-
schmückung durch das glänzende Vorbild der Buddha-Tempel beein-
flufst worden.
Der Tempel des reinen ShintÖ meidet jegliche äufsere Verzierung
durch Schnitzwerk oder Bemalung. Er soll der Theorie nach die Ur-
Hütte des Japaners, aus welcher er ursprünglich hervorgegangen,
Wiedergeben und aus dem edelsten Holze, am besten dem des [Jinokzl
l3aumes der Chamaecyparis obtusa errichtet, sein Dach mit Rinde
oder Stroh gedeckt werden.
Nach der Annahme japanischer Alterthumsforscher Wurden die
Behausungen ihrer Vorfahren aus, ihrer Rinde nicht entkleideten, mit
Binsen oder den zähen Ranken der Wistaria verbundenen Stämmen
junger Bäume errichtet und mit Grassoden bedeckt. Erst in jüngerer
Zeit kam die Sitte auf, die Pfosten des Hauses durch Unterlage grofser
Steine gegen die Feuchtigkeit des Bodens zu schützen, während sie
vordem in die Erde eingegraben wurden. Der Grundrifs der Hütte
hatte die Form eines Rechtecks mit vier Eckpfosten und einem höheren
Pfosten zur Unterstützung des Firstbalkens inmitten der schmalen
Giebelseiten. Andere Bäume waren an den Breitseiten als Mauerlatten
wagerecht über den Eckpfosten befestigt. Je zwei starke Dachsparren
verbanden die Eckpfosten mit dem Giebelpfosten und bildeten durch
ihre Kreuzung eine Gabel, in welcher der Firstbalken lagerte. Auf
die Böschungen des Daches wurden sodann wagerechte Latten dem
Firstbalken gleichlaufend und zwar das erste Paar in den Aufsenwinkeln
der Giebelkreuzungen befestigt. Als Sparren dienten leichte Latten oder
Bambusstämme, Welche oben den Firstbalken überragten, unten an der