Volltext: Kunst und Handwerk in Japan (Bd. 1)

Kunst 
und 
Handwerk 
Japan, 
 Vorgängen im Leben steht ein tiefes An- 
  empfinden aller Erscheinungen der irdi- 
 _ schen Vergänglichkeit in Natur und 
  Menschenleben gegenüber. Beide Züge 
 I,  1'  im Charakter des Japaners werden wir 
  i!  in ihren Kunsterzeugnissen auf das leben- 
    Cr   
    igste ausgcpragt ünden. 
   Ä e"  Aber nicht immer hat der Volks- 
 ;  Charakter der Japaner so wohlwollende 
  Beurtheiler gefunden. Georges Bousquet, 
 ein im Jahre 1872 als juristischer Rath- 
Netzke. Platte von Sliibuitchi mit sum- Lieber bei der Neugestaltung des F133" 
emlage" i" einem  V0" Elembei" nischen Justizwesens nach Japan berufe- 
ner Franzose, hat über die Erfahrungen 
seines vierjährigen Aufenthalts im Lande zwei Bände veröffentlicht, in 
denen nur allzu oft die Selbstgenügsamkeit des geistvollen Parisers in 
funkensprühenden Vergleichen über die Japaner zu Gerichte sitzt. So 
vergleicht er das Privatleben der Japaner ihrem in der Geschichte er- 
kennbaren politischen Leben und findet in beiden Züge des japanischen 
Klimas. Lange Perioden der Stille, der Schläfrigkeit,  plötzliches 
Erwachen, ungestüme Ausbrüche; eine natürliche Starre, durchZuckungcn 
unterbrochen; Geschmetter des Carnevals inmitten der Nebel des Spleen, 
 Alles bekundet ein Temperament ohne Gleichgewicht, Geister, die 
wie ballastlose Schiffe auf dem Meere treiben, träge Naturen, die sich 
nur ruck- und sprungweise fortbewegen; Hang zum Vergnügen und zu 
Ueberraschungen; Abneigung gegen andauernde Arbeit, plötzlicher 
Aufschwung, gefolgt von völligem Erschlaffen, viel Lebhaftigkeit, In- 
telligenz und Talent, wenig Grundsätze und kein Charakter. Gleich 
den Geifseln ihres Klimas hat ihre Energie langen Schlaf und un- 
ordentliches Erwachen." 
Abgesehen von der Schiefe des prickelnden Vergleiches,  
dessen unglückliche Wahl schon aus dem oben über die Gleichmäfsigkeit 
der Erndten Gesagten erhellt,  enthalten diese Auslassungen nur ein 
geringes Fünkchen Wahrheit. Um sich zu denselben aufschwingen zu 
können, hat Bousquet sich vorher gefragt: "W70 ist denn für die Japaner 
das Glück?" Die Sanftmuth der Sitten und die Höflichkeitsformeln der 
Sprache könnten uns verleiten, sie für sehr gesellig zu halten. lm 
Gegentheil! Nur Zusammenkünfte in politischen und geschäftlichen Ange- 
legenheiten, nur ceremoniöse Besuche bei gewissen Anlässen, besonders 
zum Neujahrsfeste. Aber weder Bälle, noch Soireen, noch etwas wie 
eine „reunion du monde." Jeder zieht es vor, für sich zu leben; was 
sollte er auch bei seinem Nachbar? was dieser bei ihm? Und gar die
	        
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