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Kunst
Japan.
Handwerk
und
bühne oder schlechthin nur schöne und reichgekleidete Frauen vorzu-
führen. Diese "Genji Monagaiari" fordern als die allerausgiebigste
aller Fundgruben für die Erklärung vieler Einzelheiten des Motiven-
Schatzes des japanischen Kunsthandwerkes eingehendste Betrachtung,
die ihnen an anderer Stelle unseres Buches wird. Hier nur wenige
Beispiele, wie sich die Zeichner der Nishiki-ye mit ihnen abfinden.
Kuniyoshi will uns z. B. eine Reihe von Gestalten "dieser sündigen
Welt", wie sie durch das volksthümliche Schauspiel verkörpert sind,
zeigen und reiht sie nun, angeregt durch verwandte Vorgänge oder
auch nur durch irgend einen Zwischenfall in der Novelle, nach Maafs-
gabe der Kapitel der Genji Monogatari aneinander. Die 17. Novelle
Ye-Awase, welche sich um einen Wettstreit in der Vorzeigung der
schönsten Gemälde bewegt und wenn der überlieferte Text ohne
spätere Einschaltungen eine wichtige Quelle für die Kenntnifs der
im 10. Jahrhundert von den Malern behandelten Stoffe wäre, gestaltet
sich in seinem Geiste zum Bilde jener selben Yaegaki-hime, deren Ge-
schichte wir schon im Zusammenhang der hundert Uta kennen gelernt
haben. Für das schöne Mädchen bedarf es keiner Schiedsrichter mehr,
iiir sie giebt es nur ein schönes Bild, dasjenige ihres auf dem Kriegszug
verschollenen Geliebten, dem sie göttliche Ehren erweist. Bisweilen
begeistert sich der Zeichner durch eine der vielen, in die Prosa der
Novellen eingestreuten Uta. S0 trägt die zweite Novelle ihren Titel
Hakakz1gz' von einer in ihr angeführten Uta, in welcher vom Hahaki-
Baume die Rede ist, welcher in sonniger Einöde wachsend den nach
Schatten lechzenden Wanderer anziehe, dem Nahenden aber eine
veränderte Gestalt darbiete und keinen Schatten spende. Was dem.
Prinzen Genji ein Stofsseufzer über die Abweisung seines Liebeswer-
bens, erinnert Kuniyoshi an das Drama von Kuzu-no-ha, welche
als Frau des Aba diesem Kinder gebar, dann aber sich als eine
Füchsin erwies. Wir sehen, wie die wahre Natur des schönen Weibes
sich in ihrem Schatten verräth, den der Mond auf den Setzschirm am
Lager ihres schlafenden Kindes Wirft.
Ein andermal bedient Toyokuni der Jüngere sich der 53 Sta-
tionen des Tokaido, der Heerstrafse, welche von der grofsen Brücke
[Vzlküm Baslzz" im Mittelpunkte Yedo's bis nach Kioto führt, als einer
Schnur zum Aufreihen der Brustbilder ebensovieler Gestalten der
Schaubühne. Letztere bleiben die Hauptsache, die Landschaften bilden
ohne für uns erkennbaren Zusammenhang nur den Hintergrund der
Schauspieler in ihren bühnengerechten Posen mit dem ihren Rollen
gemäfsen, verzerrten Minenspiel.
Der Einflufs des Theaters macht sich in den Albums der neueren
Zeit mehr und mehr zu Ungunsten der künstlerischen Gestaltungskraft