Holzschnitt im
Der
jahrhun d ert.
HokusaPs
Fuji-Bilder.
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ledig; Gesandte der Liuchiu-Inseln, welche mit grofsem Gepränge zum
kaiserlichen Hofe ziehen und an einer Wegwendung den majestätischen
Gipfel erblicken; weifsgekleidete Pilger, welche mühsam die Schutt-
halden des Berges hinanklimmen oder in vergnügten Sprüngen abwärts
eilen und an dem auf ihre grofsen Strohhüte gestempelten Schrift-
zeichen für das gleich dem Namen des Berges ausgesprochene Wort
"Nicht Zwei" als Wallfahrer zu dem auf der Spitze des Fusi-no-yama
belegenen Tempelchens kenntlich sind sie alle und viele Andere
sehen in dem Berge eine Art nationalen Heiligthums, das jeder echte
Japaner schon seiner unvergleichlichen Schönheit halber in Ehren
halten sollte. Natürlich darf es auch hierbei nicht an erheiternden
Sonderbarkeiten fehlen. Kein gröfseres Vergnügen für einen Japaner,
der in diesem Punkte sein Leben lang sich Kinderaugen und Kindes-
sinn bewahrt, als wenn es ihm etwa gelingt, den Berg durch die
Maschen eines Netzes zu sehen, welches ein Fischer soeben aus dem
Wasser zieht; oder wenn es ihm glückt, ihn zwischen den gespreizten
Beinen eines Böttchers zu erblicken, Welcher, mit beiden Füfsen auf
dem Rande eines grofsen Fasses stehend, einen Reifen auftreibt; oder
in den Zwischenräumen der zum Trocknen aufgehängten buntge-
musterten Zeugstücke eines Färbers; oder vom Hofe eines Schirm-
machers, hinter ausgespannten oder halb zusammengefaltet die Form
des Berges nachahmenden Schirmen. Auch an seltsamen, in der euro-
päischen Kunst verfehmten Augenblicksbildern fehlt es nicht, wie wenn
z. B. die Sonne den Gipfel des Fuji im Untergange krönt, so dafs der
dunkle Berg an das japanische Spiegelgestell, die glänzende Sonnen-
scheibe aber an den Spiegel darauf erinnert; oder, wie wenn jener
aus einem anmuthigen Singspiel "Das Federkleid der Fee" bekannte
Fischer, nachdem er das Flügelkleid der Mondesbewohnerin in seinen
Korb gepackt hat, über ein Spiegelbild des Berges in seiner Trink-
schale in Entzücken ausbricht. Auch mythische und sagenhafte Ge-
stalten beleben den Berg und seine Umgebung; der Drache, welchen
der Volksglaube dem Fuji-Berge gesellt, taucht aus düsterem Wolken-
gewoge auf, welches den F ufs des Kegels umhüllt; Nitta Tadatsune,
ein Held aus Yoritomds Tagen, tödtet einen am Fuji hausenden Eber
nach kühnem Ritt auf dem gewaltigen Thiere. Eines aber vermissen
wir: irgend eine Darstellung, welche uns den Berg als thätigen Vulkan
vergegenwärtigte. Nur ein Bild erinnert uns wenigstens an die im
Schoofse des Berges schlummernden Kräfte der Zerstörung, indem es
uns die Wirkungen des schrecklichen Erdbebens, Welches i. j. 1707
den letzten Ausbruch des Vulkans begleitete, in ergreifender Weise
vor Augen führt.
Fassen wir diese wechselnden Bilder zusammen, so fühlen wir,