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und
Kunst
Handwerk
Japan,
Stöcken und der jüngst patentirten Presse sich versagen mufs. Der
Auftrag verschiedener Farben auf verschiedene Stellen einer Druck-
platte, das Abtönen und Verwischen der Farben führen zu einem
förmlichen Bemalen des Holzstockes. Hieraus erklären sich die auf-
fallenden Farbenunterschiede, welche oft die Abdrücke eines und des-
selben Blattes aufweisen.
Ein weiteres, unserem Kunstdruck unbekanntes Hülfsmittel des
japanischen Holzschneiders sind die Blindplatten, welche ohne Farbe
aufgedruckt werden und in dem weichen Papier nur farblose Eindrücke
hinterlassen. Mit Hülfe solcher Blindplatten wird oft die reizvollste
Wirkung hervorgebracht. In einem der von Kunisada unter dem
Titel Hazlyu sui-koden herausgegebenen Hefte mit Scenen aus Schau-
spielen findet sich z. B. ein Vorgang bei Schneegestöber. Für seine
Herstellung haben eine schwarze Strichplatte und eine oder zwei Ton-
platten mit zwei grauen Tönen gedient; diesen tritt eine vierte Blind-
platte hinzu, welche den weifsen Pelzmantel der Hauptperson mit feiner
Haarstrichelung zeichnet, das weifse Beinkleid einer zweiten Person
mit einem Mäandermuster damascirt und die Schneeflocken, welche
im Uebrigen weifs von dem grauen Hintergrund sich absetzen, als
vertiefte, farblose Punkte von dem weifsen Schirm und dem schneebe-
deckten Erdboden abhebt.
Endlich treten noch goldene, silberne und andere Metalltöne
hinzu, welche bald flach aufgedruckt werden, bald unter stärkerem
Druck tief eingeprägt, sowohl um die leicht abreibbaren metallischen
Pulver durch tiefere Bettung zu schützen, wie um die goldene Muste-
rung eines Gewandes, das Drathgeflecht eines Vogelkäügs recht klar
wiederzugeben. Diese Prägung mit metallischen Farben hat ihre
höchsten Triumphe in den Surimouo genannten Einzelblättern mit
Neujahrsglückwünschen gefeiert.
Alles in Allem genommen, haben sich die japanischen Künstler
dieser eigenartigen Ausdrucksmittel ihrer vervielfältigenden Kunst in
anderem Geiste bedient, als die Europäer sich der lithographischen
und anderen Verfahren unseres Farbendruckes. Gilt doch bei uns
stets als höchstes Ziel die sklavische Nachahmung eines in anderer
Technik geschaffenen Kunstwerkes, eines Aquarelles oder Oelgemäldes,
und dieses Ziel dann triumphirend erreicht, wenn wir Urbild und
Nachbildung ohne genaue Untersuchung nicht von einander zu unter-
scheiden vermögen! Anders in japan, wo wir uns vergeblich nach den
gemalten Urbildern der Farbendrucke umschauen, nicht einmal diesen
ähnliche Malereien vorfinden, sondern der für den Farbendruck
arbeitende Künstler mit seinen Ausdrucksmitteln selbständige Kunst-
werke schafft.