Der
und
Buchdruck
vervielfältigenden
die
Künste.
Das
Buch.
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nutzte Auskunftsmittel, ein die Breite einer Seite überschreitendes Bild
mit dem Kopf, statt nach oben, nach dem Rücken des Buches zu
richten. Weder in den Holzschnittbüchern der Blüthezeit der deutschen
Renaissance, noch in den mit eingedruckten Kupferstichen so anmuthig
geschmückten Ausgaben französischer Dichter aus dem 18. jahrhundert
finden wir Beispiele dieser plumpen Bilderverdrehung, die für Wissen-
schaftliche Werke unvermeidlich sein mag, aber in illustrirten Büchern,
die auf künstlerische Ausstattung Anspruch erheben, nicht für zuläfsig
erachtet werden sollte. Die seltenen Ausnahmen von der Regel, welche
sich in einigen von Hokusai illustrirten Büchern zeigen, sind wahr-
scheinlich europäischen Vorbildern zu belasten.
In der Vertheilung von Schrift und Bild waltet die freieste Will-
kür. Bald erscheinen die Bilder als im Text zerstreute Vignetten, bald
sind erläuternde kurze Bemerkungen mitten in die Bilder, zwischen die
handelnden Personen oder auf wolkenartig abgegrenzten Ecken und
Rändern eingetragen, bald gröfsere, für die Darstellung überflüssige
Flächen mit grofsen Sätzen dicht beschrieben. Diese scheinbare Regel-
losigkeit findet aber ihre Grenze in den, Bilder und Schrift gemeinsam
umschliefsenden Randlinien und ihre Erklärung darin, dafs Schrift und
Bild durch den Druck von einer und derselben Holzschnittplatte herge-
stellt werden. Bei den Kusa-zoski genannten Heften kleinsten Formates,
Welche vor etwa hundertfünfzig jahren zuerst in Aufnahme kamen und
seitdem für die bändereichen Bücher der volksthümlichen Novellen-
schreiber vorwiegend in Gebrauch geblieben sind, ist jedes Plätzchen
rings um die Figuren mit Schriftzeichen dicht ausgefüllt.
Die Regellosigkeit der japanischen Buchillustrationen ist in
neuerer Zeit, nicht selten auf Kosten des guten Geschmackes, in Eu-
ropa nachgeahmt worden. Zuerst haben, wie das bei der technischen
Unabhängigkeit unserer Buchillustrationen von dem Typensatz leicht
zu erreichen War, französische Schriftsteller über Japan jene Regel-
losigkeit durch capriciöses Ausstreuen der Vignetten in- und aufserhalb
des durch den Schriftsatz gegebenen Raumes noch zu überbieten ge-
sucht, und ihrem Beispiel sind Andere in Büchern gefolgt, die mit Japan
nichts zu schaffen haben.
Das technische Verfahren bei Herstellung der japanischen Bücher
ist das denkbar einfachste. Zeichner und Schreiber oft eine Person
malen, was sie von Bildern und Worten vervielfältigt zu haben
wünschen, mittelst des Pinsels in schwarzer Tusche auf eines der
dünnen, durchscheinenden und doch so festen Blätter japanischen Pa-
pieres. Dieses Blatt wird mit der Schriftseite nach unten auf den in
der Regel aus Kirschbaum, stets aus Langholz bestehenden Holzstock
geklebt und, wenn es nöthig ist, durch feuchtes Abreiben noch verdünnt.
BRINCKMANN, Kunst und Handwerk in Japan. 15