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und
Kunst
Handwerk
Japan.
wart Engländer, Amerikaner und Franzosen sich in höchst achtungs-
widrigen Geberden ergingen, auf deren beleidigende Natur man daraus
schliefsen kann, dafs die japanischen Vornehmen sich die Nase zu-
hielten. Die Mitglieder des Kongresses begriffen und ergötzten sich
Weidlich über das derbe Bild. Die Polizei aber erbat sich nähere Er-
klärungen und Kiosai mufste die Erfahrung machen, dafs kein
wesentlicher Unterschied bestehe zwischen den Gefängnissen des
Mikado und des gestürzten Shogun.
Angezogen von der bedeutenden, in den Dienst des politischen
Tagesstreites gestellten Begabung Kiosafs, suchten die beiden Franzosen
des Meisters selbst, der wieder auf freien Füfsen sein sollte, habhaft
zu Werden.
Mit einiger Mühe finden sie in einer entlegenen Vorstadt Tokios
inmitten von Gärten das einer Hütte gleichende Häuschen, Welches
Kiosai bewohnt, wenn ihm das Gefängnifs eben Zeit dazu läfst. Nach
einigen Auseinandersetzungen werden sie eingelassen und im Vorzimmer
von zwei Frauen empfangen. Das zweite Zimmer dient als Werkstatt.
Papierrollen, Pinsel und Farbenkasten füllen den hellen Raum; an
Wänden und Pfosten hängen komische Masken und eingerahmte In-
schriften mit philosophischen Sentenzen; auf einem Tischchen sind
Spenden von Kuchen und Saki vor einem Paar alterthümlicher Haus-
götter aus gebranntem Thon dargebracht. Durch die Schiebewände
drängen die Bäume des anstofsenden Gartens ihre Zweige herein. Ein
schwanzloses Kätzchen klettert auf den Papierrollen und nascht von
den, dem thönernen Gotte dargebotenen Kuchen.
Sichtlich ergriffen von der Ehre des Besuches, reibt Kiosai sich
während der durch einen Dolmetscher geführten Unterhaltung mit der
linken Hand den rechten Arm, bei dem Japaner ein Zeichen grofser
Verlegenheit. Allmählich nimmt das Gespräch eine heitere Wendung.
Frau Kiosai bringt den Thee und kleine Kuchen, Welche denen der
Götterspende gleichen.
Inzwischen hat Regamey sich kampfbereit gemacht und hält,
mit halbausgestreckten Beinen auf der Matte sitzend, sein Skizzenbuch
auf den Knieen. Die Erlaubnifs, sein Bildnifs zu zeichnen, ertheilt
Kiosai mit den landesüblichen Geberden dankbarer Zustimmung unter
tiefem Verneigen. Während er mit einem Seitenblick so von ungefähr
überwacht, was der Bleistift des Franzosen in das Buch zeichnet, hat
er so ganz beiläufig sein eigenes Werkzeug gerüstet, Pinsel zur Hand
genommen, Farben gerieben, ein Blatt Papier auf die Matte gebreitet
und da malt er, während er dem Anscheine nach für sein eigenes
Bild sitzt, mit rascher Hand dasjenige seines Gegners, der nicht nur