Die Malerei Japans im
19. Jahrhundert.
Die Katsugawa-
und Utagawa-Meister.
207
stellung berühmter Schauspieler in den Trachten ihrer Glanzrollen und
ganzer Scenen aus dem ungedruckten Repertoire der volksthümlichen
Bühne. Der bedeutendste Künstler dieser Richtung war der schon
als Lehrer HokusaPs genannte Katsugawa Shunshö, dessen Theater-
bilder, wie Anderson findet, durch ihre lebensvolle Leidenschaft und
schmelzende Harmonie der Farben dem europäischen Kunstbeflissenen
wie eine neue Offenbarung erscheinen. Als er im Jahre 1792 starb,
setzten zahlreiche Schüler, welche sich als solche zumeist durch An-
nahme des "Shun" aus dem Namen des Lehrers bekannten, seine
Weise fort. Unter ihnen treten Gakutei und Shun-man als glänzende
Künstler für die Surimmzo genannten Neujahrsbilder in den Vorder-
grund. Alle aber überflügelt Katsugawa Shunrö, um, nachdem
er die Eierschalen dieser Schulrichtung abgestreift, als Hokusai sieg-
reich seine eigene Bahn zu wandeln.
Eine zweite Schaar der dem Bühnenleben zugewandten Maler
führt ihren Gruppennamen Utagawa von dem in der Periode Bunkwa
(1804-1818) als 69jähriger gestorbenen Meister Utagawa Toyoharu.
Der bedeutendste seiner Schüler ist Utagawa Toyokuni, welcher
dem Theater zahllose wirkungsvolle und harmonische Farbendrucke
gewidmet, aber gleich seinem, wie er i. 1828 gestorbenen Mitschüler
Utagawa Toyohiro und gleich Hokusai selber auch viele Hefte
des zeitgenössischen Novellenschreibers Bakin illustrirt hat. Unter
Toyokuni's Schülern, die nach Landessitte ihrem Namen das „Kuni"'
aus dem Namen ihres Meisters beifügten, ragt wieder Kadota
Shögoro, genannt Kunisada, hervor. Dieser legte sich v. j. 1844
ab den Namen Toyokuni der zweite zu und entfaltete bis zu seinem
i. 1865, dem 79. seines Lebens, erfolgten Tode eine äufserst frucht-
bare Thätigkeit als volksthümlicher Theaterzeichner und Illustrator in
der Weise der älteren Utagawa-Meister. Mit ihm wetteiferte an
Fruchtbarkeit Utagavva Kuniyoshi, vielleicht ein Sohn des ersten
Toyokuni, ein genauer Nachahmer seines" Stiles, jedoch mit Vor-
liebe der Darstellung kriegerischen Lebens zugewandt. Er starb als
65jähriger i. 1861.
Ein Schüler des Utagawa Toyohiro, jedoch als vielseitiger
Landschafter von eigenartiger Bedeutung, ist Hiro-shige, auch
Motonaga und Ichi-riu-sai genannt. Vom Berufe eines Feuerwehr-
mannes in Yeddo hat er sich zu einem der bedeutendsten Landschafts-
zeichner unseres Jahrhunderts aufgeschwungen. Wir verdanken ihm
zahlreiche Einzelblätter und Sammelbände mit getreuen und kraftvollen
Darstellungen japanischer Scenerie, in denen das Streben nach per-
spectivischer Zeichnung unverkennbar ist. Im Jahre 1858 erlag er, als
61 jähriger, der Cholera.