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Kunst
Handwerk
Japan.
des Meisters angeschlossen, und die Kritiker im Lande blickten mit Er-
staunen oder Belustigung auf die europäische Uebertreibung.
Diesem Urtheile des an den Brüsten zünftiger japanischer Kunst-
kennerschaft genährten Amerikaners gegenüber stehen die Franzosen
Duret und Gonse mit begeisterter Würdigung HokusaTs. Duret er-
klärt ihn für den gröfsten Künstler, der in Japan jemals gelebt hat,
er will ihn nicht als Maler unseren grofsen Malern vergleichen, nur als
Zeichner mit denjenigen unserer Meister, welche ein gezeichnetes oder
gestochenes Werk hinterlassen haben. Mit dieser Einschränkung
könne er gleich viel welchem europäischen Künstler zur Seite gestellt
werden. Rückhaltloser noch lautet die Anerkennung, welche Gonse
dem Hokusai zollt. Er stellt ihn den hervorragendsten Künstlern
unserer eigenen Race zur Seite, nennt ihn einen der Virtuosen des
Pinsels, findet seine Farbe und seine Ausführung in seinen letzten
Werken von einer Kraft, einem Glanz, einer Entschiedenheit, die un-
vergleichlich seien; die bestrickende Eleganz seiner Malereien berausche
ihn wie Blumenduft.
Mag Gonse die Bedeutung Hokusafs auch Weit überschätzt
haben, ebenso weit schweift Fenollosa nach der entgegengesetzten
Richtung aus. An einen Mann wie Hokusai den Maafsstab des Klas-
sizismus zulegen, bleibt ungerecht und engherzig. Mag immerhin
die aristokratische und klassisch gebildete Gesellschaft seines Heimath-
landes bedauern, dafs der Künstler, von früher Jugend bis zum Greisen-
alter um die Nothdurft des Lebens ringend, nicht in die Lage gekommen
ist, seinen Werken den Stempel einer höheren gesellschaftlichen Kultur
aufzuprägen das künstlerische Werk seines Lebens steht darum
doch nahezu einzig da in seiner Volksthümlichkeit, seiner Urwüchsig-
keit, Zwanglosigkeit und Nützlichkeit, und mit Recht bemerkt Anderson,
Welcher sich mit verständigem Vorbehalt auf die Seite der Lober
stellt und den Nachdruck auf des Meisters Arbeiten für den Holzschnitt
legt, dafs wir getrost den Anspruch Hokusafs auf Nachruhm dem unvor-
eingenommenen Urtheil der Zeit anvertrauen können.
Alles in Allem ist das Werk Hokusafs, wie es in zahllosen
Drucken uns übermittelt worden, eine wundersame Illustration zu dem
Göthdschen Worte: "das Leben ist die schönste Erfindung der Natur".
Eine Schaar von Schülern und Nachahmern hat bis auf unsere
Tage die Art des Meisters in die Weite und Breite fortgeführt, ohne
seine Phantasie und Lebensfülle zu erreichen. Bevor wir die wichtigsten
unter ihnen kennen lernen, müssen wir jedoch noch einen Blick in das
achtzehnte Jahrhundert, auf andere Abzweigungen des fruchtreichen
Stammes der neuen Ukio-ye riu werfen.
Mehrere Gruppen von Malern pflegten mit Vorliebe die Dar-