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Die
Malerei
Japans.
erreichten Weise dasselbe Gebiet der Kunst angebaut hätten. Bis zum
16. Jahrhundert habe es in der ganzen Geschichte der Tosa-Schule
keine Zeit gegeben, wo ihre Künstler nicht das Leben des gemeinen
Volkes in jeglicher Gestalt dargestellt und wo Kaiser und Adelige
diese Gegenstände nicht ihrer vollen Theilnahme würdig gehalten
hätten. Das Aufsteigen des chinesischen Einflusses im I5. Jahrhundert
drängte allerdings in den hohen Kreisen der literarisch gebildeten
Aristokratie den Geschmack an dem Gewächs des heimischen Bodens
auf einige Jahrhunderte zurück, und chinesischer Klassicismus in allen
seinen Formen blieb eine Weile der Lebensspender der dritten grofsen
Blüthezeit japanischer Kunst. Gegen das Ende des 16. Jahrhunderts
war diese Bewegung aber schon im Schwinden und um die merk-
würdige Parallele mit dem gleichzeitigen Entwickelungsgange der
europäischen Kunst zu vervollständigen im 17. Jahrhundert war die
Wiederbelebung der alten Theilnahme an den volks- und boden-
wüchsigen Dingen wieder zum Durchbruch gelangt.
In der von Matahei wiederbelebten Richtung wirkte auch sein
Schüler Hishigawa Moronobu aus Kioto, welcher noch in den
ersten Jahren des 18. Jahrhunderts lebte. Anderson hält ihn für den
geschicktesten Vertreter des vulgären Stiles in der Malerkunst. Eines
seiner besten Bilder, ein Kakemono mit der Darstellung einer Gesell-
schaft, welche sich zu einer Vergnügungspartie in einem Boote ein-
schifft, gehört zu den Zierden der Sammlung Gierke. Gonse rühmt
von ihm, dafs er auf die Seidenweberei und die Stickerei in der kaiser-
lichen Hauptstadt eingewirkt, zahlreiche Muster dafür gezeichnet und
die langschleppenden, breitärmeligen und reichbestickten Gewänder der
Frauen in Mode gebracht habe. Weittragender noch ist sein Einflufs
auf die Vervollkommnung des Holzschnittes, der bis auf ihn nur sehr
unbeholfene Werke geschaffen hatte.
In Yeddo wurde die neue Richtung der Ukio-ye durch Han a-
busa Itcho erfolgreich vertreten. Ursprünglich ein Schüler des
Yasunobu Kano, gehörte er zu den besten Vertretern des
humoristischen Genre, zeichnete sich aber auch durch Werke des
klassischen Stiles und besonders durch buddhistische Gemälde aus.
Fenollosa zählt ihn zu den gröfsten Koloristen Japans. Ein gutes
Werk dieses Meisters, ein Makzänono, Welches die hauptsächlichen
Feste des Jahres darstellt, ist mit der Sammlung Gierke nach Berlin
gelangt.
Die Art des berühmten Tanyu ward von seinem Schwieger-
sohn und späteren Adoptivsohn T0-un fortgesetzt, der i. 1694 als
Siebzigjähriger starb. Auch der i. 1652 gestorbene Shogun Jye-
mitsu, der Begründer des Glanzes von Yeddo, vor dem jetzt der