Die
Malerei
Japans.
Verfahren.
Pinselhaltung.
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der Ente, dessen Schattirung sich einfach aus der Tränkung der Mitte
des Pinsels mit dunklerer Tusche ergiebt, Während die vom Pinsel ab-
gesonderten Haare den Umrifs ziehen. Dann Wird der Schnabel ge-
zeichnet, dann die Füfse, dann die Schwanzfedern; ein Auge wird hinzu-
gefügt, dann folgt der Hals, die Beine noch einige ausführende Pinsel-
striche und die bewundernswerthe Skizze einer fliegenden Ente liegt
Schliefslich kniet der ältliche Herr, welcher die Hühner gemalt
hatte, nochmals vor dem Filz nieder und malt mit schwarzer Tusche
etwas, was uns Allen wie ein Seestück vorkommt. Wie der letzt-
erwähnte Künstler erzeugt auch er Schatten und Umrifs, indem er seinen
breiten Pinsel mit verschieden starken Tuschlösungen tränkt. Nach-
dem das, was wir für Wellen hielten, vollendet war und wir erwarteten,
er werde jetzt die Fische hineinmalen oder Schiffe, fügt er einfach
etliche Punkte und dunkle Flecken hinzu und setzt seinen Namen
darunter. Als wir die Zeichnung jetzt in der Nähe betrachten, sehen
wir zu unserem gröfsten Erstaunen, dafs die Skizze einen Zug Ratten
darstellt, von denen zwei oder drei getrennt nebenher laufen. Was
wir für Wellen gehalten hatten, war einfach der Hintergrund, gegen
den sich die gerundeten Rücken weifser Ratten abheben, die das
unbemalte Papier hergiebt.
S0 anschaulich diese Schilderung, würde man doch irren, wenn
man danach das künstlerische Schaffen der japanischen Maler im All-
gemeinen beurtheilen wollte. Abgesehen davon, dafs es sich hiebei
wesentlich nur um Vertreter einer bestimmten Richtung, der Kano-
Schule, handelt, gaben diese Maler ersichtlich nur auswendig gelernte,
im besten Falle improvisirte Skizzen zum Besten, deren Mache nur
unter allen "Vorbehalten als Maafsstab für andere, ernstere und höhere
Schöpfungen des Pinsels jener Schule gelten kann.
Sehr zu beachten ist die Art, wie der Pinsel gehalten wird.
Während wir malen, wie wir schreiben, mit aufgestützter Hand und
gestreckten Fingern, hält der japanische gleich dem chinesischen Maler
beim Malen wie beim Schreiben den Pinsel mit freier Hand zwischen
Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger so, dafs die Spitze des Pinsels die
Bildfläche senkrecht trifft. Der Arm bleibt ohne jede Unterstützung, so
dafs Schulter und Ellbogengelenk die Bewegungen der Hand, welche
den Pinsel weit von seiner Spitze gefafst hält, leiten können. Der
leichte und elastische, dem kalligraphischen Schwung Verwandte Pinsel-
strich des japanischen Malers Wircl Wesentlich hierdurch bedingt und
hieraus erklärt sich das hohe Ansehen, in Welchem in früherer Zeit
einfache einfarbige Umrissrnalereien standen. Der Stil der nKOPÄÜH
d. h. Gerüst oder Skelett genannten Anlage eines Werkes der Malerei