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und
Kunst
Japan.
Handwerk in
Quellenkunde in Anspruch nehmen darf, kann zugegeben werden.
Gegenüber seiner kunsthistorischen Kritik drängen sich aber dem vor-
urtheilsfreien Leser zwei ernstliche Bedenken auf. Einmal und das
tritt besonders in seiner geradezu verächtlichen Beurtheilung Hokusafs
und seiner Schule zu Tage schreibt Fenollosa Kunstgeschichte,
wie sie etwa ein Cornelianer stricter Observanz Angesichts der reali-
stischen Neuerer unserer Tage schreiben würde, und dann scheint er
nicht unbeeinflufst zu sein von einer politischen Strömung, welche die
glanzvolle, wenn auch nicht zum Erhabensten aufgestiegene Kunstent-
wickelung während der Herrschaft der Tokugawa-Shogune verdunkeln
und rückblickend über den Jahrhunderte langen Winterschlaf der
kaiserlichen Macht hinweg jene Zeiten wieder erwecken möchte, wo
der Abkömmling der Sonnen-Göttin die alleinige Sonne war, in deren
wärmendem Glanze alle Künste sich entfalteten. Fenollosa fühlt der
japanischen Kunst des neunzehnten Jahrhunderts gegenüber ganz wie
ein vornehmer Japaner am alten Kaiserhof zu Kioto gefühlt haben
würde, und da können Zusammenstöfse mit Männern nicht ausbleiben,
welche sich, wie Gonse, eine freiere, durch die zünftigen Anschauungen
der japanischen Kenner nicht gefesselte Auffassung bewahrt haben.
Das unvergängliche Verdienst von Gonse, in begeisterten Worten
nachgewiesen zu haben, dafs die japanische Malerkunst nicht nur
barbarische Kuriositäten erzeuge, nicht nur im Skizziren oder in deco-
rativem und conventionellem Schaffen beruhe, sondern Kunst sei schlecht-
hin, in des Wortes erhabenster Bedeutung dieses Verdienst wird ihm
immer bleiben und ihm von Fenollosa auch nicht bestritten.
Bevor wir jedoch versuchen, an der Hand dieser Gewährsmänner
dem Entwickelungsgange der japanischen Malerkunst zu folgen, bedarf
es eines Blickes auf die Erscheinungsformen ihrer Erzeugnisse als
Gegenstände des Schmuckes der Wohnräume und der Tempel, sowie
auf die von unseren Malverfahren wesentlich abweichende Technik der
japanischen Maler.
Die typische Form des japanischen Gemäldes ist das Rollbild
"Kakemono". Die papierne oder seidene Bildfläche hat die Gestalt eines
überhöhten, oft sehr schlanken Recht-
{X eckes und wird von einer Ein-
W fassung umrahmt, Welche bei neueren
wie? J Bildern auskleingemustertem,gedruck-
tem oder gemaltem Buntpapier, bei
[5 E. "K, I, i) werthvolleren alten aus oft kostbaren
01,7 Seidengeweben besteht, deren Farben
"X- zu denjenigen des Gemäldes stimmen
Liebhaber, ein Kakemono betrachtend. müssen und den buddhistischgn