Der japanische Hausrath.
Marktes deren ein Mann von Bildung sich ehemals zu bedienen
pflegte, um in ihnen einem gleich oder höher Gestellten schriftliche Bot-
schaft zu übersenden. Da gibt es endlich kleinere Dosen und Büchsen
und Kasten, die Weniger bestimmt erkennbaren Bedürfnissen des Haus-
halts und des geselligen Verkehrs, als den vielerlei kleinen Wichtigkeiten
und Nichtigkeiten der weiblichen Toilette und des eleganten Lebens
dienen, Behälter, deren Formenmannichfaltigkeit der Aufzählung spottet.
Unter ihnen sind die zu zweien oder dreien scheinbar ineinandergesch0-
benen Kasten und die Behälter, deren Grundrifs der Silhouette irgend
eines Gegenstandes entspricht, welcher zugleich das Motiv für die Be-
malung des flachen Deckels liefert, für das abendländische Gefühl beson-
ders auffällige Formen. Von der einfachen Form eines Faltfächers, eines
Blattes, einer Blume, eines fliegenden Vogels entwickeln sich derartige sil-
houettirte Kasten zu Darstellungen reichbekleideter menschlicher Figuren.
Natürlich fehlt es auch nicht an den im Abendlande seit grauem
Alterthum Wohlbekannten und in der mitteleuropäischen Fayence-
Industrie des 18. Jahrhunderts zu einer Mode-Specialität entwickelten
Gefäfsen in Gestalt von allerlei Thieren, Fischen und Vögeln. Die
Lackkasten in Form des prächtigen hochrothen T'ai-Fisches spielen
als Behälter trockener Zuspeisen und Confituren bei gewissen Festen eine
Rolle. Bei weitem wichtiger aber als in diesem Zusammenhang begegnen
uns Thierformen in den metallenen oder thönernen Räuchergefäfsen.
All' diese unzählbaren grofsen und kleinen hölzernen, lackirten
Behälter Werden, wie auch die Bilder und der andere Hausrath, nur
zur Zeit ihrer Benutzung hervorgeholt aus den Vorrathskammern und
Erkerschränkchen, in denen sie wohlverwahrt und, wenn sie besonders
kostbar, in seideneHüllen gebunden und in leichte Holzkisten ge-
packt, des Gebrauches harren. Eine Füllung oder gar Ueberfiillung
der Wohnung mit leichtbeweglichem Hausrath, wie sie durch die alter-
thümelnden Ausschreitungen der neudeutschen Renaissance eine Zeit
lang als gemüthlich und ächt altdeutsch sich uns aufdrängte, ist dem
Japaner völlig fremd. Seine Wohnräume machen daher an gewöhn-
lichen Tagen für unser, durch die ladenmäfsige Auskramung jeglicher
Sehenswürdigkeit in der Wohnung verwöhntes Auge den Eindruck
einer gewissen Leere. Hierfür entschädigt er sich, indem er mit
Leichtigkeit aus dem verborgenen Schatze seines Hausrathes, jeweiliger
F esttags-Stimmung gemäfs, seine Räume sinnvoll schmücken kann; indem
sein Auge sich nicht im alltäglichen Sehen abstumpft gegen die Schön-
heiten seiner Besitzthümer, sondern diese in immer auf's Neue über-
raschender Schönheit und Frische und in sauberster Erhaltung einzeln
vor ihnghintreten. Schon hierin spricht sich der intime Charakter der
japanischen Kunst deutlich aus.