Der japanische Hausrath.
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mit einem umrandeten Einsatzbrett enthält die verschiedenen Papiere,
längliche, weiche, feine und doch feste und zähe, seidenglänzende
Bögen für die gewöhnlichen Briefe, fächerförmig oder in schmalen
Streifen zugeschnittene Blätter, leichtgetönte, goldbesprenkelte, in zarten
farblosen Pressungen oder bescheidenem Bunt-, Gold- oder Silberdruck
mit Naturmotiven, einem Mume-Zweig, einer umwölkten Mondsichel,
Windgebeugten Grashalmen, Hagi-Büschen oder verstreuten Kirschblüthen
für dichterische Aufzeichnungen, Botschaften der Liebe und Glückwünsche.
Der kleinere flache Kasten dient, wie seine Benennung "Susan-
Öako" angibt, zur Bewahrung des Tuschnapfes und anderen Schreib-
geräthes. Er wird als dem gröfseren zugehörig durch eine demselben
entsprechende Ausschmückung gekennzeichnet, nicht, wie das der er-
findungsbequeme Europäer heute in der Regel thun würde, durch ver-
kleinerte Wiederholung, sondern durch freie Fortbildung desselben
Motivs oder durch eine sinnverwandte oder das Bild des grossen
Kastens ergänzende Darstellung. Sein Inhalt, die Tusche, der Reib-
stein, das Wassergefafs und die Pinsel, dazu bisweilen noch ein
Reibenäpfchen für Zinnober und das elfenbeinerne Petschaft ver-
dienen jedes für sich unsere Aufmerksamkeit. Zuerst die Tusche,
welche aus dem Rufs in besonderen Oefen verbrannten, harzreichen
Fichtenholzes oder aus dem Lampenschwarz, das unter geringer Luft-
zufuhr qualmend brennende, mit Sesam-Oel gespeiste Flammen ab-
setzen, unter Zufügung einer warmen Leimlösung mit der Hand ge-
knetet und in zerlegbaren hölzernen Formen mit vertieften Zierrathen
geprefst wird, welche auf der erhärteten Tuschstange erhaben hervor-
treten. Ihre Inschriften und Verzierungen, neben Namen und Wohnort
der Verfertiger Sinn- und Segenssprüche, sinnbildliche, dichterische
Gedanken weckende Darstellungen, erinnern daran, was Alles in dem
schwarzen Stücke schl-ummernd der Erweckung durch den gewandten
Pinsel des Schreibers harrt. Tritt nun noch, wie bei den chinesischen
Tuschstücken, die den japanischen als Vorbild dienten, theilweise Ver-
goldung in mehreren Tönen, Bemalung in Blau und Roth hinzu, so wird
die Tuschstange vollends zu einem Erzeugnifs des Kunsthandwerks, auf
dem unser Auge mit Wohlgefallen ruhen kann, und von dem wir begreifen,
wie es die Sammellust japanischer Alterthümler anregt, und gar, wenn
Inschriften und Stil gestatten, seine Anfertigung in eine Zeit literarischen
Aufschwunges zu versetzen, die vielleicht Jahrhunderte hinter uns liegt!
Der Reibstein, Susurz, besteht aus einem dicken rechteckigen
Stücke dunklen, sehr feinkörnigen Schiefers, dessen vertiefte obere
Fläche nach einer napfförmigen Höhlung zu abgeschrägt ist, in welcher
die bei jedem Gebrauch frisch mit Wasser angeriebene Tusche zu-
sammenläuft. Selten nur ist der schmale obere Rand des im Susurz-
BRINCKMANN, Kunst und Handwerk in Japan. 7