Volltext: Grammatik der Ornamente

ITALIENISCHE 
ORNAMENTE. 
Maderno wurde er an seiner Stelle zur Ausführung der Bauten an der Peterskirche ernannt, und zwar unter 
der Leitung des Bernini, mit dem er doch bald zerfiel. Seine lebhafte Phantasie und seine ausserordent- 
liche Fertigkeit im Zeichnen, verschafften ihm mehr als genügende Beschäftigung. In seiner aus- 
schweifenden Launenhaftigkeit trieb er die barocke Uebertriebenheit Berninis bis zur Caricatur. Bis zu 
seinem Tode, in 1667, arbeitete er- beständig darauf hin, alle anerkannten Principien der Ordnung und der 
Symmetrie umzustossen ; und doch glückte es ihm dabei, nicht nur sich zu bereichern sondern die Bewun- 
derung der modischen Welt seiner Zeit im höchsten Grade zu erregen. Alle die Anomalien, Welche seine 
Zeichnungen charakterisirten: unverhältnissmässige Gliederungen, abgebrochene, contrastirende und 
einspringende Curven, unterbrochene, krumme Linien und Flächen und andere Ausartungen dieser Gattung 
wurden in ganz Europa zur Tagesmode. In Frankreich besonders verbreitete sich dieses fieberhafte 
Streben mit reissender Schnelligkeit, und an die Stelle der seltsamen aber malerischen Formen, die sich in 
den Kupferstichen des Du Cerceau, 1576, darthun, setzte der populäre Geschmack die minder einfachen, 
aber auch weniger angenehmen Zeichnungen die in den Werken Marots, 1727, und lllariettes, 1726-7, 
vorkommen. Borrominiis Werke die in 17 25 erschienen, und die Bibiena's, die nicht viel gelauterter waren, 
und in 1740 herausgegeben Wurden, fanden einen sehr grossen Absatz, und trugen dazu bei, den Geschmack 
für leichtfliessende und reiche Arbeit zu Verbreiten, zum Nachtheil des Einfachen und Schönen. Doch 
lieferten manche französische Künstler zur Zeit Ludwig's XIV. und Ludwig's XV., dieses störenden Ein- 
flusses ungeachtet, und bei all ihrer barocken Ausschweifung, viele prächtige Decorationswerke, in denen 
sich ein Gefühl der launenhaften Schönheit der Linien äusserte, das nur selten übertroffen worden ist. 
Dieses zeigt sich besonders in den Zeichnungen von Le Pautre (zur Zeit Ludwigs XIV.), wie auch in 
rnehrern innern Decorationen, die in den von Blondel herausgegebenen Werken (unter der Regierung 
Ludwigs XVÖ 
zu Enden sind. 
De Neufforge aber kann als der (Zeremonienmeister an diesem Hofe der Schwelgerei betrachtet werden, 
und den Albernheiten, die in den 900 Tafeln seines grossen Werks der Ornamente enthalten sind, fehlt es 
nicht an graziöser Anmuth. Es Wäre unmöglich alle die fähigen Decorateurs, Zeichner und Graveure 
anzufiihren die unter dem " Grand Monarque" und am glänzenden Hofe seines Nachfolgers wohlbezahlte 
und beständige Beschäftigung fanden; doch können wir " den Jean Berain nicht mit Stillschweigen 
übergehen. Er bekleidete das Amt eines " Dessinateur des Menus-Plaisirs du Roi " (Ludwig XIV.) und 
ihm verdankt man die herrlichen Zeichnungen, die den Namen Buhl berühmt machen werden, so lange 
der Geschmack für schöne Möbeln sich erhalten wird. Er hatte bedeutenden Antheil an der Decoration 
der Gallerie d'Apol1on im Louvre und der Staatsgemächer der Tuilerien, wie dies aus einem in 1710 
erschienenen Werk erhellt. Ausserdem gravirten Daigremont, Scotin und andere Künstler eine bedeutende 
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