Volltext: Grammatik der Ornamente

ITALIENISCHE 
ORNAMENTE. 
Um wieder auf Italien und dessen geläuterten Styl zurückzukommen, und ehe wir den "ersten 
Ursachen" nachforschen, die zum Verfall der neuen Entwickelung der classischen Kunst führten, wollen 
wir einen oder zwei daselbst blühende Grewerbzweige flüchtig berühren, die man nicht ohne Ungerechtigkeit 
ganz unbeachtet lassen kann. Der vorziiglichste und anziehendste Zweig der Industrie war die vene- 
tianische Glasfabrikation, die nicht Wenig dazu beitrug den Ruhm Venedig's weit und breit über die 
bewohnbare Welt zu verbreiten. 
Nach der Eroberung Constantinopels von den Türken, im Jahre 1453, flohen die da. ansässigen grie- 
chischen Handwerksleute nach Italien, und von diesen lernten die Glasfabrikanten Venedig's die Kunst ihre 
Erzeugnisse mit Farben, Vergoldung und Email auszuschmiicken. Im Anfang des sechzehnten Jahrhunderts 
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Ornamente zu eingelegten Arbeiten, von Fuy im Style Louis Seile- 
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 Felder von Fay im Style Louis Seize. 
erfanden die Venetianer die Kunst, Fäden von colorirtem und undurchsichtigem weissem Glas (latticivtio) 
in die Substanz der von ihnen fabricirten Artikel einzuführen, welche einen ebenso schönen als dauerhaften 
Schmuck bildeten, der, seines leichten Wesens wegen, zur Verzierung zartgestalteter Gegenstände besonders 
geeignet War. Das Geheimniss dieses Verfahrens wurde vom Staate mit argwöhnischer Sorgfalt gehütet und 
die strengsten Strafen waren gegen die Arbeiter verhängt die das Geheimniss verrathen, oder ihr Handwerk 
in einem fremden Lande ausüben möchten. Andererseits räumte man den Meistern der Glashütten zu 
Murano grosse Privilegien ein, und auch die Arbeiter wurden über die Classe gewöhnlicher Handwerker 
gestellt. Im Jahre 1602 wurde zu Murano eine Denkmünze geprägt, die zum Zweck hatte, die Namen 
derjenigen zu verewigen, die die ersten Glashütten auf der Insel angelegt hatten. Diese Namen sind die 
folgenden: Muro, Leguso, Motta, Bigaglia, Miotti, Briati Gazzabin, Vistosi, und Ballarin. Zwei Hundert 
Jahre lang gelang es den Venetianern ihr schätzbares Verfahren geheim zu halten und den Glashandel in 
Europa zu monopolisiren ; aber am Anfang des achtzehnten Jahrhunderts fing der Geschmack für schweres 
geschnittenes und geschliffenes Glas sich geltend zu machen an, und der Handel desselben verbreitete sich 
über Böhmen, Frankreich und England. 
Zu jener Zeit wurden zahlreiche und höchst prachtvolle Arbeiten in edeln Metallen ausgeführt, von 
denen jedoch viele, zur Zeit der Plünderung Rom's, in Italien eingeschmolzen wurden, und ebenfalls in 
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