ITALIENISCHE
ORNAMENTE.
Doch bilden die im italienischen Styl gemalten Arabesken und die Stucchi, die ihnen oft zur Seite stehen,
eine bemerkenswerthe Ausnahme, daher wir uns vorbehalten ihnen weiter hin eine spezielle Notiz zu wid-
men. Die Bauten, welche von Rafael herrühren, im Palaste Pandoliini zu Florenz und im Palaste Cafferelli,
vormals Stoppani zu Rom, sind zwar vortrefHieh, doch beruht Rafaels Ruf als ein Ornamentist mehr auf seinen
Arabesken als auf seinen architektonischen Leistungen, daher wir auch seiner hier nicht weiter erwähnen
wollen. Noch wollen wir auf den Werken des Baldassare Peruzzi verweilen, denn, so interessant sie auch sein
mögen, bieten sie doch, in Bezug auf die Ornamente, keine auffallende Individualität dar, indem sie der
Antike genau gleichen. Bramante kann ebenfalls nur als ein Künstler der Renaissance,
und unter keinem andern Gesichtspunkt angesehen werden. Erst der grosse Florentiner, v1! i! "m A!
dessen leuchtendes Genie und feuriger Geist keinen Zwang dulden konnte, riss sich mit
Gewalt von den Fesseln der Tradition los, und pflanzte den ersten Keim jener eigen- u"! _ H i
willigen Originalität, der nach und nach alle seine Zeitgenossen in jedem Gebiete der h"? X l
Kunst ansteckte, und eine zügellose Licenz erzeugte, welche am Ende, unter minder III H
kräftigen Händen, in allen Zweigen der Kunst in eine allgemeine Abweichung von den K i Mix
Gesetzen des verfeinerten Geschmackes ausartete.
Michelangelo, geboren 1474, gehörte zur edeln Familie der Buonarrot-ti, Nach- l
kömmlinge der Grafen von Canossa. Er war ein Schüler des Domenico Ghirlandaio,
und entwickelte schon frühzeitig ausgezeichnete Anlagen zur Sculptur, daher er den
Antrag erhielt, diese Kunst, in der von Lorenzo de Medici gegründeten Schule, weiter "ä sie J
auszubilden. Als die Familie der Medici, in 1494, aus Florenz verbannt wurde, begab
sich Michelangelo nach Bologna, wo er am Grabmal St. Dominids arbeitete. Bald lh _
aber kehrte er wieder nach Florenz zurück, wo er seinen "Bacchus" ausführte und im K] i H
Alter von drei und zwanzig Jahren den berühmten " Cupid" lieferte, dem er seine Be- Hi
rufung nach Rom verdankte. In dieser letztern Stadt verfertigte er unter andern
Werken die "Pieta," welche vom Cardinal d'Ambcise bestellt worden war und sich l
gegenwärtig in der Peterskirche befindet. Seine nächste Leistung war die riesenmässige jij;
Statue " David's " zu Florenz. Im Alter von neun und zwanzig Jahren begab er sich,
auf Einladung Julius II., wieder nach Rom, um das Mausoleum dieses Papstes zu er- 5
richten. Für dieses Mausoleum war der " Moses " zu San Pietro in Vincoli, so wie auch "l n
die im Louvre befindlichen 4' Sklaven," ursprünglich bestellt worden; doch wurde das all V1
Gebäude in einem kleinern Masstabe ausgeführt, als es zuerst beabsichtigt worden War. h
Hierauf unternahm er das Ausmalen der sixtinischen Kapelle, eine seiner grössten Im!
Leistungen, sowohl hinsichtlich der erhabenen Ausführung", als auch im Betracht des "ll
Einflusses welchen diese Arbeit, nicht nur auf die Kunst der damaligen Epoche, sondern
auch auf den Kunststyl der Nachwelt, ausübte. In 1541 vollendete er die vom Papst
Paul III. bestellte Frescomalerei des "jüngsten Gerichtes." Der Rest seines langen
Lebens war dem Bau der Peterskirche gewidmet, ein Werk das ihn bis zu seinem Tode "
beschäftigte, und wofür er jede ihm dargebotene Belohnung ablehnte. Senkrgzälxxltäsegurlinment
In allen den zahlreichen Leistungen des Michelangelo, scheint das Begehren nach
Neuheit, seine Aufmerksamkeit von dem ausschliesslichen Streben nach gediegener Vortrefflichkeit abge-
wendet zu haben. Seine kühnen Neuerungen im Gebiete der Ornamentation waren nicht minder auiiällend als
die, welche er in den andern Fächern der Zeichenkunst offenbarte. Seine grossen gebrochenen Giebel und
Gliederungen, seine kühn entworfenen Consolen und Schnörkel, seine unmittelbare Nachahmung (nicht ohne
eine gewisse Uebertreibung) der Natur, die sich in einigen seiner Verzierungen darthut, die schlichte
Ausseniiäche seiner architektonischen Öompositionen, Waren eben so viele neue Elemente, und wurden von
Seiten minder eriinderischer Künstler gierig aufgegriffen. S0 erlitt die römische Zeichenschule eine