ORNAMENTE
RENAISSANCE.
man die halbgebackenen Thongeschirre versenkte; und ehe dieselben noch trocken waren, malte man die
Verzierungen darauf hin, und da das feuchte Gefäss die Farben sogleich einsaugte, so ist es kein Wunder,
dass man häufig Unric-htigkeiten in den Zeichnungen bemerkt.
Ein im Museum zu Haag befindlicher alter Teller von Pesaro ist mit einem Schriftzug versehen, der
aus den Buchstaben " O. H. O. N zu bestehen scheint. Ein anderer Teller, den Pungileoni erwähnt,
trägt als Merkzeichen die verschlungenen Buchstaben " G. A. T." Doch sind das seltene Beispiele, indem
die Künstler, welche dergleichen Teller anfertigten, ihre Werke nur selten unterzeichneten.
Die Gegenstände der Malereien waren meistens Figuren von Heiligen, oder historische Begebenheiten
aus der Bibel entnommen; die erstern aber waren die beliebtesten, und blieben es auch bis zum sechzehn-
ten Jahrhundert, wo diese Figuren Scenen aus Ovid und Virgil Platz machen mussten, während Darstellun-
gen von Vorfällen aus der heiligen Schrift auch dann noch im Gebrauch blieben. Eine kurze Erklärung
der Malerei in blauen Buchstaben, nebst einer Hinweisung auf den Text, befand sich gewöhnlich auf der
Rückseite des Tellers. Der Gebrauch, Thongeschirr mit den Bildern historischer, classischer und lebender
Personen zu verzieren, kam etwas später in die Mode als die Scenen aus der heiligen Schrift. Alle diese
Gegenstände wurden auf eine flache und matte Weise ausgeführt, ohne allen Schatten, und waren von einer
Art roher sarazenischer Ornamente umgeben, die sich aufs entschiedenste von den rafaelischen Arabesken
unterschieden, die in den letzten Jahren der Regierung Guidobaldds so sehr beliebt waren. Die Teller mit
colorirtem Obst in Relief verziert, sind wahrscheinlich den Arbeiten Della Robbiafs entnommen.
Die Fabrication dieser Majoliken aber fing an bedeutend abzunehmen, in Folge der verringerten Ein-
lrünfte des Herzogs und des geringen Eifers, den der Nachfolger desselben für die Beförderung dieser Kunst
an den Tag legte; was aber am meisten zum Verfall derselben beitrug, war die Einführung des Porzellans
aus dem Morgenlande und der zunehmende Gebrauch des Silbergeschirrs unter den vornehmen und reichen
Ständen. Die historischen Gegenstände bildeten nicht länger den Gegenstand der Verzierungen der Majo-
liken, die jedoch mit gut ausgeführten Zeichnungen von Vögeln, Tropheen, Blumen, musikalischen Instru-
menten, Seeungeheuern, etc., ausgeschrnückt wurden; nach und nach aber wurden diese immer schwächer
in Farbe und Durchführung, bis sie endlich ganz verschwanden, um Nachbildungen der Kupferstiche
Sadelerls und anderer flämischen Meister Platz zu machen. Alle diese Ursachen führten den schnellen
Verfall der Majolika-Arbeiten herbei, trotz der Anstrengungen die der päpstliche Legat, Cardinal Stoppani,
zur Wiederbelebung derselben machte.
Die feinen Majoliken von Pesaro erreichten den höchsten Punkt der Vollkommenheit während der
Regierung des Guidobaldo IL, der in dieser Stadt seinen Hof hielt, und die Töpfereien der Stadt aufs kräf-
tigste unterstützte und beförderte. Von dieser Zeit an glichen die Majoliken von Pesaro so genau denen
von Urbino, dass man die Waaren der zwei Städte nicht von einander zu unterscheiden vermochte, denn die
Qualität war dieselbe und dieselben Künstler wurden oft an beiden Orten angewendet. Schon im Jahre
1486 galten die Majoliken von Pesaro als die vorzüglichsten unter allen italienischen Waaren derselben Art,
und um die Fabrication derselben gegen Concurrenz zu schützen, verbot der damalige Herrscher von Pesaro
die Importation jeder ausländischen Töpferarbeit unter Strafe einer Geldbusse und der Confiscation der
eingeführten Güter, ja er ging noch weiter, indem er den Befehl erliess, alle fremden im Lande befindlichen
Vasen binnen acht Tagen aus seinen Staaten wegzuschaffen. Dieses Schutzgesetz wurde im Jahre 1532,
von Francesco Maria I. bestätigt. Im Jahre 1569 bewilligte Guidobaldo II. dem Giacomo Lanfranco von
Pesaro ein privilegirtes Patent, mit einer Geldstrafe von 500 Scudi gegen den Uebertreter desselben, für
die von ihm erfundenen grossen, in Relief ausgearbeiteten Vasen von antiker Form, und mit Gold belegt.
Ausserdem wurde er, sowohl als sein Vater, von allen Steuern und Abgaben frei erklärt.
Die Neuheit und Mannichfaltigkeit, welche die Majoliken darboten, veranlassten die Beherrscher des
Herzogthums diese Arbeiten vorzugsweise als Geschenke an fremde Prinzen zu schicken. So sandte im
Jahre 1478 Costanza Sforza dem Sixtus IV. einige " Vasa fictilia; " Lorenzo der prächtige, in einem Briefe
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