ORNAMENTE
DER RENAISSANCE.
diesen Erfindungen muss ein Theil der so
auH-allenden VortreHiichkeit
der vorzüglichern Schnitzereien und
Modellirungen der Renaissance wohl auch zugeschrieben werden.
Endlich erreichte dieses System der regelmässigen Abtheilung der Ornamente in mehrere Flächen,
einen so hohen Punkt der Vollkommenheit, hinsichtlich der Anordnung des Helldunkels, dass das Relief,
aus der Ferne betrachtet, nur gewisse Punkte, die um einige hervorragende geometrische Figuren sym-
metrisch angeordnet waren, dem Auge darstellte. Wenn man aber einige Schritte näher kam, entdeckte
man die Linien und Figuren, die die bedeutendsten Punkte mit einander zu verbinden dienten. Trat man
dann noch näher hinzu, so stellten sich die Blätter und die zarten Ranken zur Schau, die im Geiste des
Beschauers die Idee des natürlichen Typus anregten, den der Künstler zum Gegenstand seiner conven-
tionellen Behandlung gewählt hatte, und die allergenaueste Untersuchung konnte in der vollkommenen
Auffassung des zarten Gewebes der Oberiläche keinen Mangel entdecken. Ausgezeichnet und überaus
preiswürdig ist die "Cisellatura," oder Ciselirarbeit, in den vorzüglichern Ornamenten des italienischen
Cinque-Oento Styles, wie z. B. die der Kirche dei Miracoli zu Venedig (Fig. 1, 8, 9, Tafel LXXIV.), von
den Lombardi; die der Kirche Sta. Maria del Popolo, Rom (Fig. 1, Tafel LXXVL), von Sansovino; an
den Thüren des Baptisteriums, Florenz (Fig. 3, Tafel LXXVQ, von Ghiberti; an den Schnitzereien von
San Michele di Murano (Fig. 4, 6, Tafel LXXIV.); in der Scuola di
y San Marco (Fig. 2, Tafel LXXIV.); an der Scala dei Giganti (Fig. 5, 7,
Tafel LXXIV.) und an vielen andern Gebäuden zu Venedig. Die f)
Fasern eines Blattes oder einer Ranke haben nie eine falschi Richtung, "J
w" noch sieht man je die Tendenz zur graziösen Anmuth, welche die Natur
.3 a; im Wachsthum entwickelt, verkehrt angewendet oder falsch aufgefasst. w
"Q0 110m Da sieht man weder Abglättung noch Details, ausgenommen wenn sie
ä einem bestimmten Zweck zu entsprechen haben; und während die Arbeit Ijh L
in reicher Fülle angewendet wurde und jeder Meisselstreich ein Werk
der Liebe zu sein schien, so ward doch die Arbeit nie nutzlos verschwen- ä
"ÄP det, wie das heut zu Tage häufig geschieht, indem man untergeordnete 5 ß s
_ gaä Theile der Zeichnung, die den zweiten oder dritten Rang behaupten .1
' ' sollten, in den ersten Rang hervorhebt. "H! .8 _ ä"
wir? Unter den Händen von Künstlern aber, die nicht so lebhaft als a?
a? ü, G Donatello vom richtigen Gefühl der gehörigen Grenze der Sculptur a: 6,63,
"ä, 1'" Je durchdrungen waren, artete diese Entlehnung der Elemente der Malerei h J
_L zur Verwendung in den Basreliefs, bald in Verwirrung aus. Der grosse a,
Ghiberti selbst schwächte den Effect so mancher seiner anmuthigsten W
(14. 9 Composition, durch die Einführung der Perspective und durch die Zu-
Oif, gabe von Accessorien, die in ihrer Nachahmung, der Natur zu nahe
.8 ' v kamen. Diesen Fehler bemerkt man an so manchen Verzierungssculp-
y turen der Certosa, und er ist oft so weit getrieben, dass Monumente, die ß
" J " darauf berechnet schienen, durch Schönheit und Würde die ernsthafte
J Bewunderung des Beschauers in Anspruch zu nehmen, bloss dazu dienen
J, ihn zu belustigen,_denn sie gleichen Puppenhäusern, von Feen bewohnt,
äggffrääfägililgg; mit Blumenkranzen geschmückt, mit Tafelchen behangen, von Laub- 531133130232 1,23532:
Kniiräggosiryagääräigei werk fantast1sch uberwachsen, anstatt ernsthafte Kunstwerke darzu- lasäzsyniläääicigrdwglgjääälßf
stellen, die das Andenken der Verstorbenen verwiegen sollen oder zu
heiligen Zwecken bestimmt sind.
Was man dergleichen Denkmälern noch ausserdem mit Recht zum Vorwurf machen kann, ist die
Ungereimtheit und der Mangel an Uebereinstirnmung zwischen den Ideen, die der Zweck der Gebäude
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